Macaroli hat geschrieben:Ist Monacos auftreten nich auch eine Gefahr für Fankreichs Fussball?
Inwiefern?
Dadurch, dass die fixen CL-Plätze mit PSG und Monaco quasi "blockiert" sein werden?
Die Gefahr könnte eher durch den Streit um Monaco's Steuerregelung kommen.
Der Fall liegt ja weiterhin bei den Gerichten. Derzeit wird verhandelt ob
a) Jeder Ligue 1 Verein rückwirkend seinen Geschäftssitz in Frankreich haben (und dort Steuern zahlen) muss, oder
b) der Geschäftssitz im Ausland sein darf (was Monaco ja faktisch ist).
Der Zweitligist Caen hat schon angekündigt im Falle von a) Klage einzureichen auf Schadensbegrenzung für den verpassten Aufstieg (10-15 Mio.), da Monaco unter diesen Umständen nicht in der Ligue 2 spielen und daher nicht aufsteigen durfte (Caen belegte letzte Saison den ersten Nicht-Aufstiegsplatz). Und im Falle von b) seinen "Geschäftssitz ebenfalls in ein steuerlich günstigeres Land zu verlegen."
Besonders im Falle von b) droht da immer noch so ein "Bosman-Effekt." Man stelle sich nur vor, Caen verlegt wirklich seinen Geschäftssitz nach Monaco oder in ein anderes Steuerparadies, und andere Klubs tun es ihnen nach.
Ich hoffe ja dass die Gerichte auf a) entscheiden. Nur das "rückwirkend" sollte man rausstreichen. Man kann Monaco schließlich nicht für eine Regelung blechen lassen, von der der Verein bei der Planung der letzten Saison noch nichts wissen konnte. Wenn Monaco ab nächster Saison steuerlich "gleichberechtigt" ist reicht das doch vollkommen.
Macaroli hat geschrieben:Man bekommt eine Mannschaft, die schon sehr bald mit den Größten, vielleicht konkurrieren kann. Aber okay, da ist natürlich das mit der Setzliste. Wie lange hat Dortmund gebraucht um da raus zu kommen? Bzw. eigentlich sind sie ja immer noch dabei. Und das andere ist, Frankreich ist zuletzt schon ein wenig dabei den Anschluss an die Top 4 zu verlieren bzw. aus der Top 6 raus zu fallen.
Genau deswegen sehe ich Monaco insgesamt positiv. Sie sind die einzige Chance um in den Top6 zu bleiben. Für nächste Saison erwarte ich mir aufgrund des nicht-existenten TK noch nicht allzu viel. Wenn Monaco Dritter in der Liga wird, könnte man in den CL-Playoffs an Teams wie Man City oder Napoli scheitern. In der Gruppe wäre ein dritter Platz auch erstmal ok. Dortmund und Man City sind bei ihrer Rückkehr in die CL ja sogar Gruppenletzter geworden. Aber mittelfristig sind Monaco und PSG Frankreichs einzige Hoffnung, um in den Top6 zu bleiben (PSG alleine reicht nicht aus).
Macaroli hat geschrieben:Nun kommt neben PSG ein weiteres Team hinzu, welches Linderung verspricht, aber PSG und Monaco ist meiner Meinung nach die Oberfläche, was ist mit dem Rest?
Der Rest hat Probleme, die je nach Verein unterschiedlich sind.
Lyon baut sich ein komplett neues Stadion, und kann deswegen bis 2016 quasi nichts ausgeben (vergleichbar zu Juve, nur dass für Lyon ein Stadionneubau noch schwerer zu stemmen ist). Aber deswegen sagte ich, PSG und Monaco sind
mittelfristig die einzige Hoffnung. Lyon wird in 3-4 Jahren wieder zurückkommen.
Marseille wird ebenfalls zurechtgestutzt. Das Stadion wurde renoviert und erweitert, und der Eigner (die Familie Dreyfus) hat die Gelder radikal gekürzt. Vor der letzten Saison musste mehr als die Hälfte der Stammelf verkauft werden, und davon hat sich Marseille nie richtig erholt. Jetzt versucht man mit einigen jungen Talenten Anfang 20, die man von schwächeren Ligue-1-Vereinen abkaufte, einen Neuanfang. Mit Dortmund als
Vorbild. Marseille ist was Zuschauerinteresse und -Euphorie angeht auch am ehesten mit Dortmund vergleichbar.
Lille spielt diese Saison wieder um die Top 3 mit, nachdem man 2 Jahre Schrumpfkur hinter sich hat, und vor 2 Jahren ebenfalls fast die komplette Meisterelf von 2011 ziehen lassen musste. Letzte Saison war mies, diese Saison winken wieder die CL-Gelder. Aber Lille bleibt ein Ausbildungsverein. Höchstes Ziel ist es, möglichst oft die CL zu erreichen (auch auf Kosten der EL, in der man wenn man denn teilnimmt nie die A-Elf aufstellt), und die jungen Spieler möglichst gewinnbringend zu verkaufen.
Bordeaux wurde ebenfalls eine "
Austeritäts-Kur" verordnet, der Eigner und Hauptsponsor (der Fernsehsender M6) hat die Förderung radikal zusammengestrichen. Auch hier wurde diesen Sommer ein Großteil der Mannschaft verloren, man vergleiche nur den EL-Parcours letzte und diese Saison. Letzte Saison spielte auch die B-Elf, aber die war noch gut genug um Teams wie Newcastle oder Dynamo Kiew zu schlagen.
Außerdem sind alle Vereine in Frankreich von der Krise betroffen. Unternehmen haben Probleme, also fließen deutlich weniger Sponsorengelder.
Dazu kommt die 75%-Steuer, die v.a. die Top6 (aber nicht die Top2 PSG und Monaco) hart treffen wird. Grund: Die 75%-Steuer ist auf maximal 20 Mio. gedeckelt. D.h., Vereine wie Lille oder Lyon mit ihren wenigen Millionengehältern zahlen ab nächstes Jahr um die 7-15 Mio. Euro extra. PSG, wo jeder Spieler ein Millionengehalt bekommt, müsste theoretisch über 40 Mio. zahlen. Da die 75%-Steuer aber auf 20 Mio. gedeckelt ist, zahlt man nicht mehr als Lyon oder Marseille. Und Monaco muss (nach jetzigem Stand) für seine ausländischen Spieler eh keine Steuern zahlen.
PSG und Monaco werden durch diese Steuer also gegenüber der eh schon abgehängten Konkurrenz bevorteilt.
Ich denke, die Schere zwischen den Top2 und dem Rest der Liga wird sich in den nächsten Jahren noch vergrößern. Schon diese Saison ist die Differenz enorm. Nur Lille kann mit PSG und Monaco mithalten, zwischen Platz 3 und 4 klafft eine 9-Punkte-Lücke.
Dazu die Krise, die bei allen Vereinen bis auf PSG & Monaco die Sponsorengelder wegbrechen lässt, die ungleichen Effekte der 75%-Steuer, Rückzug der traditionellen Geldgeber (Marseille, Bordeaux) und teure Infrastruktur-Projekte (Lyon, Marseille, Nizza).
Die Reichen bleiben unangetastet bzw. werden reicher, die Mittelklasse blutet aus. Was in der südeuropäischen Bevölkerung passiert, findet auch bei den Fußballvereinen statt
Macaroli hat geschrieben:welchen Impuls hat man in Frankreich um tiefergehende strukturelle Schwierigkeiten anzugehen.
An den oben genannten Problemen kann der Verein wenig ändern. Euro-Krise und 75%-Steuer sind europäische bzw. Innenpolitik, da kann der Verband nichts machen.
Die Jugenarbeit wird weiterhin intensiev gefördert, und nach einem Loch von 6-8 Jahren kommen endlich wieder ein paar vielversprechende Nachwuchsspieler. Die werden aber meistens schon bevor sie volljährig werden von englischen Vereinen gekauft.
Was könnte der Verband tun?
-eine Transfersperre o.ä. für minderjährige Spieler
-den Spielkalender abspecken: Den Ligapokal abschaffen und die Ligue 1 auf 18 Klubs reduzieren (das war eigentlich ein Versprechen, an das die Einführung des Ligapokals gekoppelt war. Aber die kleinen Klubs blockieren das bisher). Gäbe es in Frankreich ebenso viele (bzw. wenig) Spiele wie in Deutschland, würden die Vereine ihres Hauptarguments beraubt, die EL nicht zu spielen.
- finanzielle Anreize für Europapokal-Siege schaffen. z.B. einen Teil der TV-Gelder der Ligue 1 an Punkte im Europapokal koppeln. Das wird bisher nicht ernsthaft in Erwägung gezogen, aber in Fan-Foren oft gefordert.
- PSG und Monaco dazu bringen, mehr in den heimischen Fußball zu investieren. Bisher kauft PSG seine Spieler fast ausschließlich in Italien, Monaco in Portugal (aufgrund des Netzwerks ihrer jeweiligen Agenten). Die französischen Ausbildungsvereinen kriegen von den Millionen aus Qatar und Russland direkt nichts. Höchstens indirekt, über gesteigertes Zuschauerinteresse dank PSG und Monaco.
- Bisher hängt man enorm vom Ticketing ab, die Zuschauerzahlen brechen aber wegen Krise & schlechten Leistungen ein. Die Vereine sollten daher ihr Merchandising ausbauen. Ich würde mal behaupten selbst Augsburg oder Hoffenheim verkaufen mehr Trikots als 2/3 der Ligue-1-Vereine.
- die Mäzene von PSG und Monaco nicht vergraulen (denn diese Klubs sind die einzigen die Frankreich die nächsten 3-4 Jahre über Wasser halten können). in 3-4 Jahren bin ich mir sicher kommen Lyon und Marseille mit neuer Kraft zurück. Diese beiden Klubs ziehen enorm viel Zuschauer, und wenn sie ihre Stadion- bzw Eigentümer-Probleme hinter sich haben, ist da viel Potential.
Macaroli hat geschrieben:Für mich ist das mal wieder ein wenig mehr die Bestätigung, dass das Bundesligasystem nicht das Schlechteste ist. Vielleicht auch nicht das Beste, aber eine, in dem grundlegende Veränderungen eher angelegt sind. Aber vielleicht täusche ich mich ja auch.
Das französische System ist unter den Top8 Ligen dasjenige, das der Bundesliga am ähnlichsten ist. Das Lizenzierungsverfahren ist mindestens genauso strikt. Nur die 50+1 Regel gibt es nicht, aber mit der gäbe es kein starkes PSG und Monaco. Staatshilfe zum Steuerhinterzug wie in Spanien gibt es nicht, im Gegenteil, die Klubs werden vom Staat auspresst. Was im Vergleich zur Bundesliga fehlt ist
- ein stabiles wirtschaftliches Umfeld (Krise, wegbrechende Sponsoren)
- die jungen Talente länger zu halten (auch wegen Krise und hoher Steuerlast, und daher zu niedrigen Gehältern)
- ein nicht überlasteter Spielplan
- Zuschauerinteresse (Fußball ist in Frankreich lange nicht so unangefochten wie in Deutschland, Rugby und Handball in vielen Regionen ebenbürtig oder sogar interessanter). Dadurch und durch die schwindende Kaufkraft der Bevölkerung fehlen Zuschauereinnahmen. Was wiederrum schlecht ist, da die Vereine von ebendiesen enorm abhängen, s. oben.
Zusammenfassend, solange die Krise anhält und ehemalige Größen wie Lyon, Marseille und Bordeaux noch mit anderen Lasten zu kämpfen haben, wird sich nichts ändern. PSG und Monaco werden die Meisterschaft unter sich ausmachen, wenn sie ihre Lasten abgebaut haben können Lyon und Marseille vielleicht wieder ein Wörtchen mitreden.
Daher hat man mittelfristig eine Top2 sowie 1 mittelmäßiges (Lyon), 3 unmotivierte (Marseille, Lille, Bordeaux), sowie 1 unfähiges (Nizza oder andere Überraschungen) EL-Team. Damit kann man sich höchstens in den Top 6 halten. Wenn sich die wirtschaftliche Situation bessert und sich die "alten Größen" erholen, geht vielleicht wieder mehr.