Eine Explosionsartige Entwicklung hat vor allem auch dieser Thread hier. ^^ Sehr spannend das Ganze und mit sehr vielen verschiedenen Blickwinkeln. Ich will aber nochmal ein wenig auf den Ausgangspunkt des Thread zurück. Auf der ersten Seite wird sehr, sehr oft von einer Blase gesprochen. Ich bin auch kein Wirtschaftswissenschaftler (wobei man sagen muss, dass in der Geschichte der Spekulationsblasen regelmäßig auch die "Experten" so richtig daneben lagen), aber ich habe den Eindruck, das Wort wird teilweise falsch verwendet und selbst wenn es richtig wäre, sind die Konsequenzen wohl doch andere als erwartet.
Was eine Blase eigentlich ausmacht (das hab ich aus einem Lexikon für Wirtschaftswissenschaften, sicher gibt es auch da unterschiedliche Definitionen), ist eine spekulative Übertreibung des Preises, welche nicht durch realwirtschaftliche Umstände zu rechtfertigen ist. Soweit so gut. Das hört sich sehr nach unserer heutigen Fussballwelt an. Aber es geht hier schon los damit, dass Fussballer keine Ware sind, die mit Gewinn zwingend weiterverkauft werden sollen. Den Profit sollen sie andersweitig einspielen. Und im Falle von Neymar wurde Paris schon vor seinem ersten Spiel gehörig aufgewertet und mit Paris der Inhaber des Klubs. Und wenn der Inhaber praktisch ein Erdölfördernder Staat ist, dann sind die Millionen eher das was nach dem Komma gezählt wird.
Wenn das nun aber eine Blase und kein Boom ist, dann müsste diese wahrscheinlich wirklich mal platzen. Sprich es müsste zu einem rasanten Preisverfall kommt. Ich wüsste nicht, wie das in näherer Zukunft eintreten könnte. Abgesehen von einer weitreichenden großen Krise, die weit mehr erfasst, als nur den Sport. Aber, und das klang hier auch schon an, eine wirklich objektive Beurteilung kann es eigentlich immer nur in der Retrospektive geben.
Eine andere Sache ist, dass ich den Eindruck habe, wir bewegen uns eher zu 90% bei der moralischen Bewertung der Ablsösesummenentwicklung, als bei der sachlichen Einschätzung. Moralisch bin ich auch der Meinung, dass hier das Ende sein müsste. Man kann das nun sehr plakativ machen und natürlich zu Recht sagen, dass weder Ablösen noch Gehälter auch nur annähernd fair sind, wenn man sich unsere Erzieherinnen oder Pflegekräfte anschaut, wenn man alleinerziehende Mütter mit 2 Jobs sieht, die in einer knapp bemessenen Wohnung sich fast schon beide Beine ausreißen, damit ihre Kinder materiell das Notwedigste haben. Zugleich sehen wir die Allüren von Anfang 20-jährigen, die völlig abgehoben wie Prinzen leben und in einem Monat mehr verdienen als andere in ihrem Berufsleben. Ja, alles das verursacht Ärger und zwar zu Recht. Aber der Punkt war schon in den 80er Jahren erreicht. 2 oder 3 Mio. Gehälter. Eigentlich war das schon zu viel. Jetzt wurde das ins Vielfache erhöht, aber es wurde ja auch nichts dagegen gemacht. Kein Verband hat ernsthaft mal an eine Gehaltsobergrenze gedacht. Vielmehr wurde die Spirale immer weiter gedreht.
So lange die Investoren weiter Geld bringen und die Fernsehgelder weiterhin sprungartig ansteigen und so lange auch, trotz steigender Ticketpreise, die Stadien immer weiter voll bleiben, so lange wird es weder eine platzende Blase aber auch keinen leichten Abschwung geben. Im Gegenteil, nächstes Jahr holt Paris vielleicht einen 350 Mio. Mann. Alles möglich. Und auch dann ist noch nichts am platzen.
In Deutschland hatten wir Anfang des Jahrtausends mal eine Situtation, dass die Kirch-Pleite empfindiche Einbußen für die Bundesliga bei dern TV-Einnahmen mit sich brachte. Ich würde jetzt nicht sagen, dass da eine Blase platzte. Vielmehr gab es eine Stagnation, welche International ein paar Jahre spürbar war, aber danach ging es weiter, in neue Rekordhöhen. Und das ist ein Szenario, welches noch eher wahrscheinlich ist.
Vollspann hat geschrieben:gast hat geschrieben:Verstehe ich das nun richtig, dass das Grundproblem darin liegt, dass der bestzahlende Marktakteur (der theoretisch irgendwo auf dem Globus zu finden ist) heute schon in der Lage ist, die Blase zum Platzen zu bringen, so dass jeder andere Marktakteur (der theoretisch irgendwo auf dem gesamten Globus zu finden ist) grundsätzlich zittern muss, sofern dieser bestzahlende Marktakteur zu hohe Preise zu zahlen bereit ist?
In der Lage, die "Blase" weiter auszudehnen. Wenn in England deutlich mehr gezahlt wird, muss der Rest irgendwie mitziehen und zusehen dass die TV-Einnahmen irgendwie gesteigert werden. Damit wird dann auch den Scheichs und Oligarchen wie bei PSG der Boden bereitet und damit einer Entkopplung von Einnahmen und Ausgaben.
Ich weiß nicht, ob der Rest mitziehen muss. Es sind wohl eher zwei Dinge, die entscheidend sind: 1. Der wirtschafltiche Erfolg - 2. Der sportliche Erfolg. Nehmen wir Borussia Dortmund. Dembele für ca. 15 Mio. vor einem Jahr gekommen. Nun, wenn alle Boni gezahlt werden könnte er fast 150 Mio. € einbringen (davon muss noch ein guter Teil nach Rennes überwiesen werden, aber es bleibt ja doch der größte Teil beim BvB), finanziell kann man das fast nicht besser machen. Sportlich wird man sich international damit aber nicht verbessern. Was ist nun die bessere Variante? So ganz lässt sich der wirtschaftliche und er sportliche Erfolg natürlich nicht trennen. Aber in Dortmund wird auch in dieser Saison guten Fussball gespielt, würde ich mal behaupten.
Sind wir aber tatsächlich in einer Blase, die kurz vor dem Kollaps ist, dann sind Vereine wie Dortmund die cleveren Akteure. Platzt nichts, haben sie wohl auch nicht viel falsch gemacht. Das Risiko liegt bei anderen Vereinen.
Vollspann hat geschrieben:Deshalb fände ich es so wichtig, FFP ernsthaft umzusetzen. Und deshalb befürworte ich die 50+1 Regel. Andernfalls werden die Vereine Spielzeuge von Superreichen und zwielichtigen Regimes und sind nur noch von deren Goodwill abhängig.
Ich habe schon ein paar Mal geschrieben, dass ich für eine Abschaffung von 50+1 bin. Nicht weil ich die Regelung an sich verkehrt finde, aber aktuell ist sie selbst innerhalb Deutschlands höchst unfair. Ein 1. FC Nürnberg muss sich an die bestehenden Regeln halten. Würde aber ein 1. FC Adidas Herzogenaurach gegründet, dann könnten sie den RaBa Leipzig - Weg gehen und in 5 Jahren Bundesliga spielen. Gut, die Regeln gelten zwar für beide Teams, aber unabhängig davon ob man das gut findet oder nicht, hat der Klub keine Wahl, er muss 20 Jahre (bei einem Investorenneueinstieg) warten, bis 50+1 umgangen werden kann. Ein neuer Klub a lá RaBa kann das schneller machen. Jetzt finde ich das Projekt in Leipzig vollkommen in Orndung, ich kann auch mit dem Hoffenheim-Modell leben auch damit, das Wolfsburg viel Geld zur Verfügung hat und ebenso ist es in Ordnung, dass die ehemalige Betriebssportggruppe aus Leverkusen in der Bundesliga spiel (die eine ganz eigene Geschichte haben). Aber dass andere Vereine nicht diese Wahl haben (es wird ja niemand gezwungen), das ist eigentlich nicht zu akzeptieren und erreicht wettbewerbsverzerrende Ausmaße. Ich kann die Befürworter der Regel ja verstehen, aber die aktuelle Auslegung der Regel schadet den Traditionsvereinen auf Dauer mehr, als eine Abschaffung. Sorry, wenn ich die etwas unklare Bezeichnung Traditionsverein wähle, aber mir fiel gerade kein besserer Begriff ein.
50+1 würde nur funktionieren, wenn es international gängig wäre. Aber das wird es nicht mehr. Und auch in Deutschland ist es schon so weit ausgehöhlt, dass es mehr schadet als nutzt. Hannover 96 nutzt nun als Klub die 20-Jahre-Klausel. Vielleicht kommen noch 2 oder 3 kleiner Klubs nach und so nach und nach weicht die Regel soweit auf, dass die Klubs, welche nicht können oder nicht dürfen, einen starken Wettbewerbsnachteil haben.
Das FFP ist von der Idee her in Ordnung und könnte der Beginn eines einheilticheren Lizenzierungsverfahrens auf europäischer Ebene sein, aber ich glaube immer noch, dass der Name Financial Fair Play falsch gewählt und noch dazu irreführend ist.
@gast:
Es ist ziemlich wichtig für ein Forum, dass wir nicht alle der gleichen Meinung sind. Von daher ist es natürlich jedem selbst überlassen, ob man postet oder nicht, und ob man sich anmeldet oder nicht. Ich fand die Diskussion durch Deine Beiträge hier sehr belebt und würde mich freuen, wenn Du hier öfter unterwegs bist. Sicher habe ich meine eigenen Ansichten, aber wie gesagt, das gehört dazu.
gast hat geschrieben:Es geht mir um eine konstruktive Erarbeitung möglicher Strategien und Wege, wie der Status Quo abgelöst werden kann, wobei ich "Wir lassen alles so, wie es ist!" meines Erachtens keine erarbeitete Strategie und kein Weg ist. Wer da anderer Meinung ist, den respektiere ich, aber wenn ich sagen würde, dass ich mich nicht über entsprechende Argumente dafür freuen würde, würde ich lügen.
Also den Ansatz kann ich nur unterschreiben. Wobei es eben Dinge gibt, welche nicht von der einen auf die nächste Sasion funktionieren. Ich finde, dass in Deutschland die Jugendarbeit sehr, sehr gut ist, man sich aber nicht darauf ausruht und mit RaBa Leipzig und Hoffenheim zwei Verine hat, die mit jungen Mannschaften sehr gute Erfolge in der abgelaufenen Saison erreicht hat. Mit Bayern kommt nun noch ein weiteres Großprojekt dazu, dass weltweit seines Gleichen sucht. Jetzt stürmte Hoffenheim nach seinen Abgängen und mit seiner jungen Mannschaft nicht in die europäische Spitze. Dennoch sind da Spieler dabei, die Zukunft haben. Ob das nun in Hoffenheim geschieht oder woanders, aber der deutsche Fussball generell kann davon noch Jahre lang etwas haben.
Ich hoffe, es hält sich noch in Grenzen. ^^
Vollspann hat geschrieben:Ich werfe also mal als Hypothese in den Raum, dass in Spanien immer noch die bessere Ausbildungsarbeit geleistet wird und die Teams konsistenter strukturiert sind. Weniger auf Toptransfers setzend.
Der Hyptothese würde ich teilweise widersprechen. Nicht weil ich es besser weiß, sondern weil die aktuelle Bewertung da schwierig fällt. Weil hier verschieden Spielergenerationen erfasst sind. Z. B. auch die Spieler, die schon über 30 Jahre alt sind. Deren Zahl ist natürlich kleiner, als die der jüngeren Spieler ohne Vereinswechsel im Profibereich, aber generell kann man hier auch nur im Rückblick eine Beurteilung finden. Bei dieser Bewertung spielen auch mehrere Faktoren eine Rolle.
gast hat geschrieben:Mit den Restriktionen, von denen ich sprach, meine ich lediglich die, die "hausgemacht" sind und die Verhindern, dass ein Prozess einsetzt, der in die andere Richtung läuft. Wenn ein Klub zu überlegen hat, wieviel Geld für Transfers ausgegeben wird, gibt es sicherlich einen Spielraum von konservativ bis risikoreich. Ich denke, dass man auch ab einem bestimmten Maß davon sprechen kann, dass die zu geringe Bereitschaft, Risiken einzugehen, auch eine "hausgemachte" Restriktion ist, und zwar, weil sie nicht zwingend notwendig ist.
Sicher, dass es einen Spielraum von konservativ bis risikoreich gibt? Ich glaube man muss als Verein anders denken. Bei Dortmund ist mit dem Wechsel von Dembele so eine hohe Summe neu verfügbar geworden, dass man das vorher in keinster Weise planen kann. Da nun aber jeder andere Verein um den Dortmunder Geldsegen weiß, schießen die Preise für die Dortmunder Ziele nun in die Höhe. Das Gleiche ist ja auch mit Barcelona passiert nachdem Neymar weg war.
Und ab jetzt wird alles ein herunter rechnen. Gute Transfers sind die, welche den Verein weiter bringen. Der eine Spieler kostet eben 200 Mio. oder mehr und der nächste 25 Mio. oder weniger. Klar ist mir aber auch, dass wenn ein Verein wie Dortmund keinen adäquaten Ersatz für Dembele finden kann, er auch nicht zwingend alles wieder ausgeben muss, was gerade eingenommen wurde.
gast hat geschrieben:Eine konsistentere Teamstruktur gelingt z.B. nur dann, wenn man Spieler auch halten kann. Was nützt es mir, wenn ich das konsistenteste Team der Welt habe und mir alle Spieler weggekauft werden?
Auch hier nochmal das Beispiel Dortmund. Der BvB hat sich sehr zum positiven entwickelt. Ich meine vor allem wirtschaftlich. Als Klopp den wirtschaftlich sehr angeschlagenen Verein übernommen hat, und dann langsam ein Team aufbaute "mussten" tragende Spieler wie Sahin oder Kagawa für Preise verkauft werden, die auch damals nicht gerade Spitzenpreise waren. Teilweise hatte man noch Ausstiegsklauseln drin. Bei Götze stieg der Preis schon, bei Lewandowski lies man es sogar darauf ankommen, ganz auf die Ablöse zu verzichten. Nun ist man bei Dembeles Ablöse in die allerhöchsen Beträge vorgestoßen. Klar wäre es schön, wenn die Spieler gar nicht mehr weg wollten. Aber es ist doch nicht so, dass sich hier in der Entwicklung nichts getan hat. Dortmunder Leistungsträger sind teuer, sehr teuer geworden. Ich würde mal sagen, aus finanziellen Gründen muss Dormtund niemanden abgeben, aber sie können es, wenn sie ein gutes Geschäft mit machen können. Bayern ist natürlich einen entscheidenden Schritt weiter, aber auch in München gab es mal andere Zeiten, als Spieler wie Matthäus, Brehme oder zuvor Rummenigge nicht gehalten werden konnten.
Zur Klima-These:
Wir hatten das schon öfter, dass die Vermutung angestellt wird, dass das Klima/ Wetter ein Standortvorteil ist. Nehmen wir die Sprache noch dazu. Ich würde da sehr widersprechen. Es ist in hohem Maße das Geld. Die Spieler gehen nach Russland, wenn die Asche stimmt. Ich weiß nicht, ob sich ein Roberto Carlos oder ein Eto´o besonders Gedanken darüber machten, wie dort das Wetter ist, wenn sie zu Anschi Machatschkala gehen. Ich würde sogar fast vermuten, sie haben die Stadt nicht bis 500 km auf der Landkarte Russlands zuordnen konnten. Ich weiß, das ist eine sehr böse Unterstellung von mir. Aber schaut nach China. Die Spieler gehen da hin, weil sie schon immer mal in China spielen wollten? Weil das Wetter so toll ist? Die Sprache so eingängig? Die Kultur so nah verwandt mit der eigenen Kultur? Wenn das Gehalt stimmt, dann gehen die Leute nach Grönland, Sibirien, Katar oder sonst wo hin. Ja, die würden dann auch nach Essen, Rostock oder Saarbrücken gehen. Und wenn sie dort dann mehr verdienen als in Valencia, dann würde das auch klappen.