Da ist was dran, ja. Bei der besagten Rechtevergabe, 1999, war der FC Bayern ein klarer Verfechter der
individuellen Rechtevergabe an die einzelnen Klubs. Als Beispiel wurden hier Real Madrid und der FC Barcelona genannt, die durch eine sehr einseitige Vergabe in Spanien einen großen Anteil des "Kuchens" abbekommen hatte. Auch mit ein Grund, warum diese Vereine damals wie heute (also Folge daraus), anderen Spitzenklubs in Europa und damit auch den Bayern, finanziell ein Stückchen voraus waren/ sind. Die inviduelle Vermarktung hätte dem FC Bayern den größten Vorteil in Deutschland gebracht.
Als es dann Ende 1999 (ich glaube, das war noch in dem Jahr) zum Abschluss eines neuen TV-Rechte-Vertrags kam hatten die Verantwortlichen der Bayern ihre Meinung bereits geändert. Im Sommer war diese Meinung Eigenvermarktung - um Herbst dann Zustimmung der zentralen Vermarktung durch den DFB.
Was ebenfalls 1999 geschah, aber erst 2003 in die Öffentlichkeit kam war der Abschluss eines Vertrages zwischen dem Rechtevermarkter, der Kirch-Gruppe, und dem FC Bayern München. Auf 18 Seiten wurde eine "exklusive Zusammenarbeit" vereinbart, welche nicht nur die Zusammenarbeit regelte, sondern auch finanzielle Zuwendungen an den FC Bayern beinhalteten. Jedes Jahr hätten München 30 Mio. DM erhalten sollen. Ab 2003/ 04 sogar 50 Mio. DM pro Jahr. Ganz soweit kam es nicht, weil die Kirch-Gruppe 2002 in die Insolvenz ging. Bis dahin aber hatte der FC Bayern immerhin etwas unter 40 Mio. DM erhalten.
Das es einen Vermarktungsvertrag zwischen Kirch und Bayern gab ist nicht das große Problem. Vermarktungspartner haben auch heute mehrere Klubs. Was ich als Nicht-Jurist nicht einschätzen kann ist natürlich der Zusammenhang zwischen eigenem Partner und gleichzeitig TV-Rechte-Vergabe. Und auch die Tatsache, dass die Entscheidungen praktisch zeitlich zusammen fielen. Die Vermutung war ja, dass Kirch das Geld an Bayern zahlte und der bayrische Sinnungswandel in Punkto Rechtevergabe, pro Zentralvermarktung, dadurch gekauft wurde (sagen wir es mal ganz unverblümt). Die Darstellung Rummenigges war, dass dieses Geld für die
Pay-per-View-Vermarktung gedacht war, welche damit aufgebaut werden sollte. Problematisch ist auch die Geheimhaltung, welche hier an den Tag gelegt wurde. Der Spiel berichtete, dass
nur die obersten Entscheidungsträger eingeweiht waren.
Weiter war in den Artikeln auch die Rede davon, dass solche Vermarktungsverträge
üblicherweise der DFL offen gelegt werden müssen. Dies ist in diesem Fall nicht geschehen. Auch hier weiß ich nicht, ob "wie üblich" etwas juristisch verwertbares darstellte. Größer wird die Dimension noch, wenn man den Vorwürfen aus der Politik zuhört. Der damalige Chef der Bayern-SPD, Wolfgang Hoderlein, sagte, dass...
der FC Bayern beim Abschluss des Vertrags mit Kirch noch keine Aktiengesellschaft war. Somit hätte der Verwaltungsbeirat des FC Bayern informiert werden müssen
Vorsitzender des Verwaltungsbeirats war damals Ministerpräsident Edmund Stoiber. Dies ist damals nach
Hoeneß Aussage gegenüber der Presse aber nicht geschehen. Stoiber selbst schwieg dazu.
Wäre der Vertrag vollends ausgeführt worden, hätte der FC Bayern in 5 Jahren, 190 Mio. DM erhalten. Selbst nach €-Umrechnung und in heutigen Jahren ein hoher Betrag. Bedenkt man aber, dass die Ablösen und Gehälter doch nochmal ein ganzes Stück günstiger als heute waren, so war das eine Wahnsinns-Summe. Oder besser gesagt, wäre eine Wahnsinns-Summe gewesen.
Aufgelöst wurde alles durch eine Einigung zwischen der DFL und dem FC Bayern. Der FC Bayern zahlte "freiwillig" 3 Mio. € (Ja, das wurde dann in Euro geklärt). Vor Gericht ging dieser Vorgang nie. Wie eine Gerichtsentscheidung ausgefallen wäre, bliebt somit offen. Die DFL hatte aber selbst ihre Zweifel, wenn sie schrieb:
Trotz unserer Rechtsauffassung würden wir die Liga im Falle einer prozessualen Auseinandersetzung mit dem FC Bayern München mit einem Rechtsrisiko belasten, inwieweit der Vorgang justitiabel ist
Wenn ich nun die Quellen anschaue, dann sehe ich, dass der eingegangene Betrag von Kirch an Bayern entweder 40 Mio. DM betrug oder doch 42 Mio. DM. Rechnet man es grob auf € runter, also bis zu 21 Mio. €. Zieht man dann noch die 3 Mio. € freiwillige Zahlung wieder ab, dann könnte Bayern bis zu 18 Mio. € davon übrig gehabt haben (vielleicht auch nur 17 Mio.).
Astrein war das aller Wahrscheinlichkeit nicht. Aber wo kein Kläger ist... Hier gibt es auch nichts in Richtung der Personen Rummenigge, Hoeneß zu verteidigen. Wer so agiert, muss mit Nachreden rechnen. Wie sehr das nun wirklich rechtswidrig war (möglicherweise gar nicht) oder zumindest moralisch fragwürdig, bleibt offen. Damals wäre der FC Bayern mit einer Einzelvermarktung aber wohl dennoch besser gefahren. Tatsächlich würde ich auch den finanziellen Vorsprung des FC Bayern, den er heute hat nicht darauf ableiten. Aber Peanuts waren es dennoch nicht.