gast hat geschrieben:[...]ob den Vereinen ein gutes internationales Abschneiden wichtiger ist als den Autoren in diesem Forum...
Ich glaube, da ist was dran. Und ich würde das auch noch gedanklich weiter spinnen. Vielen Fans ist die 5-Jahreswertung und die damit zusammenhängenden Reglements und Zugangsvoraussetzungen für eine bestimmte Anzahl an Startern ein Buch mit 7 Siegeln. Und das Interesse ist auch nicht da. Bei Teams und Trainern ist das denke ich sicherlich anders. Aber was glaubt Ihr interessiert den 1. FC Köln aktuell das Bundesligaergebnis in Europa? Ich vermute mal nicht die Bohne. Wenn die zwischen dem Klassenerhalt und noch 3-6 Punkten in der EL-Gruppe wählen könnten, würden sie natürlich den Klassenerhalt wählen und würden sie die Sensation noch schaffen, 3 Siege zu holen und zu überwintern, dann wäre das mehr Bürde als Erfolg. Das darf man glaube ich nicht außer acht lassen. Zieht sich aber nicht nur durch den 1. FC Köln, sondern durch eine ganze Reihe der deutschen Europa League - Starter. Aber in Köln ist die Situation sicherlich am prekärsten.
Ich frage mich natürlich, woran es aktuell hängt, so wie die meisten hier. Köln alleine erklärt das nicht. Die Bundesliga ist hier mit Problemen konfrontiert, welche andere Nationen ebenfalls haben bzw. hatten. Nur in der Bundesliga ist es, dieses Jahr, augenscheinlich ein größeres Problem als anderswo. Die Punktemisere beginnt ja meistens damit, dass ein Team in der Quali hängen bleibt. Okay, das alleine ist England oft passiert (2015/16 hat es mit West Ham und Southhampton sogar 2 Teams vor der Gruppenphase erwischt), Italien immer wieder passiert und gefühlt auch Frankreich (oft mit Bordeaux) gerne dabei, der eigenen Liga vor Beginn der eigentlichen Veranstaltung Schaden zuzufügen. Sehr bitter ist aber, dass die Bundesliga das alles topt, indem das Ausscheiden eines ihrer Teams, praktisch (abgesehen vom BvB vor 2 Jahren) zum Normalfall wurde. Umso erstaunlicher, dass die Punkteausbeute die letzten Jahre trotzdem ordentlich bis gut war.
Diese Qualispiele sind für mich dennoch eine andere Situation, als wenn ich eine Gruppenphase spiele. Hier treffen Mannschaften aufeinander, welche völlig unterschiedliche Voraussetzungen haben. Mannschaften, die einen völlig anderen Stang der Vorbereitung haben. Hier starten Mannschaften der großen Nationen, welche erst in vielen Wochen das eigentlich "erste" Pflichtspiel haben, auf Teams, welche keine wirkliche Sommerpause hatten. Das ist keine Entschudligung für irgendein Scheitern, aber zumindest eine Erklärung. Fussball lebt nicht nur vom Laufen und der Kondition, aber dies sind doch wichtige Aspekte. Und wenn in den großen Ligen so richtig Kondition trainiert wird, sind sie im "Ernstfall" platt. Und dann wirkt es teilweise hilflos, wenn millionenschwere Profis einer semiprofessionellen Truppe nicht richtig Druck machen können. Hier muss man einfach auch sehen, dass dies kein reiner sportlicher Wettkampf ist, sondern durchaus auch eine Frage der Proritäten. Und in der Regel sind die Prioritäten klar. Das ist der spätere Verlauf der Saison. Dennoch muss man natürlich sehen: Andere stolpern hier hin und wieder - die Bundesliga (fast) immer. Und genug der Erklärung, warum vermeintlich gute Teams in der Quali schwächeln: Die Situation ist nicht neu, man könnte (vielleicht mit einer B-Quali-Mannschaft, mit eigener Vorbereitung) darauf reagieren.
Es ist natürlich eine Sache, ob man als Neuling in der CL-Quali an Liverpool scheitert, oder an Teams wie Domzale, Asteras Tripolis oder Rijeka. Vereine, welche zum Teil die Zulassung für die 3. Liga in Deutschland nicht erhalten würden.
Wäre das aber dieses Jahr das einzige Problem, hätten wir kurz gestöhnt und uns über die Freiburger geärgert, so wie zuvor über Hertha, Mainz, Stuttgart usw. und uns dann auf das wesentliche konzentriert. Aber damit endete es ja nicht.
Was die Saison so richtig schlecht macht sind nicht die Niederlagen von Bayern bei Paris oder Leipzig bei Porto. Die sind zwar Schade, aber in Paris hat auch Barca letztes Jahr hoch verloren und Porto hat eine gute Mannschaft, die in der CL Achtel- oder auch Viertelfinale spielen kann. Nicht falsch verstehen, auch über sowas ärgere ich mich. Aber was die Bundesliga wirklich runter zieht sind die Niederlagen gegen Gegner wie Baryssau, Luhansk, Belgrad, Östersund, Rasgrad, Braga und Domzale. Davon war Belgrad mal Europacupsieger, aber selbst die Kinder der damaligen Spieler sind schon bald zu alt für den aktiven Fussball. ^^ Und Braga war mal vor einigen Jahren im Halbfinale. Aber das sind aktuell alles keine Giganten. Das ist ein Riesenproblem. Hier müssen die Punkte geholt werden, dann gewinnt man natürlich noch lange immer noch keine Titel, aber der Punktestand würde zumindest stimmen. Nicht vergessen, dass auch Dortmunds Remis gegen Nikosia gefühlte Niederlagen waren und den BvB zum Winterausscheider machen könnten.
Was ebenfalls noch dazu kommt ist dieses Jahr die starke englische Liga und ein punktestarkes Italien. Da wirkt dann alles noch katastrophaler. Aber das ist nur bedingt beeinflussbar. Die bisherigen Duelle Deutschland - England in dieser Saison gingen alle an die Engländer. Das ist bitter, macht aber noch keine 9,642 Pkt, welche diese aktuell haben. Sprich, dass die in allen CL-Gruppen auf Kurs und momentan sogar 4 mal Erster sind, kann die Bundesliga kaum verhindern. Bei Italien ähnlich. Das heißt, die Stärke der anderen ist nicht für die Schwäche der Bundesliga verantwortlich. Es liegt an der Bundesliga selbst. Die vermeintlichen "Pflichtsiege" werden nicht geholt. Die "Pflichtniederlagen" werden in der Regel sicher eingefahren. ^^
Und die ausbleibenden "Pflichtsiege" (irgendwie ein doofes Wort) sind die Dinge wo man am schnellsten ansetzen kann und muss. Ein Team zu verlieren, weil es wie die Kölner gerade kein Bein auf den Boden bekommt ist immer drin. Zwei Teams sind schon schwach, aber das was aktuell läuft unterbietet dies noch deutlich. Ein bißchen erinnert es mich an eine Diskussion, welche es bezüglich des DFB-Pokals gab, als teilweise 5-6 Erstligisten an Amateuren hängen blieben. Aktuell scheint dies ja behoben zu sein. Aber international hat dies Bestand.
Was sich immer wieder wiederholt ist dieses Bild: Die Bundesligamannschaft ist spielerisch und in Punkto Ballbesitz deutlich überlegen, schafft es aber nicht das Tor zu treffen. Im Laufe des Spiels kommt ein Gegner mit Mauertaktik ein, zweimal gefährlich vor das Tor und schon ist der Rüclstand oder Ausgleich da. Weiter gibt es wieder Kreislaufspiele um den gegnerischen Strafraum, aber am Ende steht ein Punktverlust oder sogar eine Niederlage. So gesehen zuletzt mal wieder beim BvB.
Wir hatten ja hier gerade die Taktik-Diskussion. Eigentlich empfinde ich, dass es in der Bundesliga einen größeren Variantenreichtum gibt, als in der Vergangenheit. Zudem wird auch das Umschalten auf unterschiedliche Systeme praktiziert. Was vielleicht noch ein wenig augenscheinlich ist, ist, dass ein größerer spielerischer Focus gesetzt wurde und dass international gesehen die Bundesliga, im Gegensatz zu früher, kaum mehr einen Ausdauervorteil zu haben scheint. Eher im Gegenteil. Ob man daraus nun was ableiten kann, weiß ich nicht. Ich kann es noch nicht so richtig. Aber es wirkt manchmal so, als war Spanien das Vorbild. Dann wäre das natürlich mal nicht das schlechteste Vorbild. Aber vielleicht ist das doch ein wenig das Problem. Spielerisch können die Bundesligamannschaften was. Aber das was man früher "über den Kampf ins Spiel finden", das können sie leider gerade nicht.
gast hat geschrieben:Helfen würde es, wenn sich einzelne Teams auf internationalem Parkett etablieren
Ja, ob das nun die bisherigen sind oder eben andere Vereine da rein wachsen, aber die gute Punkteausbeute hängte sicherlich auch daran. Und da wäre es zu wünschen, dass sich wieder ein Kreis aus klassischen EL-Starten bilden würde. Ich glaube, daran krankt es am Meisten.
Und wenn die Bundesliga noch etwas tun kann, dann ist es sicherlich auch mal die Frage zu erörten, ob ein EL-Start für viele Teams mehr einer Bestrafung denn einer Auszeichnung gleich kommt. Freiburgs Trainer Streich hatte sich da mal vor einiger Zeit dazu kritisch geäußert. Die Bundesliga muss, denke ich überlegen, wie es sich für einen Verein lohnen kann auch EL zu spielen.