Macaroli hat geschrieben:
Die Hoffnung ist natürlich auch mit drin. Viel mehr spielt aber auch die Befürchtung mit, dass die Bundesliga trotz ihres mächtigen Fussballverbandes und trotz des ungebrochenen Interesses der Fans international wieder kräftig an Boden verlieren könnte. Und zwar einzig aus dem Grund, weil sie sich Regeln auferlegt, die andere sich nicht auferlegen.
Bei "einzig" widerspreche ich. Hauptunterschied bleiben für mich die TV-Einnahmen. Ja, es gibt eine begrenzte Anzahl von Teams, die vor allem über hemmungslose Geldverbrennung ihrer Besitzer kommen. Die jüngere CL-Historie zeigt aber, dass diese Teams bisher eher selten mehr als die zweite Geige gespielt haben. Mit Ausnahme von Chelsea 2012 hat nie so ein Team die CL gewonnen. Eigentlich hat auch ansonsten so gut wie nie so ein Team auch nur das CL-Finale erreicht.
Und Spanien zeigt sogar gerade wieder, dass man auch ohne Big Spender auskommen kann. In England wurde gerade die Relation 20 von 24 medial rumgereicht. 20 der letzten 24 direkten PD-PL-Duelle in K.O-Runden haben die Spanier gewonnen. (Ob das auf CL alleine oder alle EC bezogen war, habe ich gerade nicht greifbar). Und dabei spielten spanische Teams in Privatbesitz keine relevante Rolle.
Das nur als Argumente, weshalb ich bei "einzig" nicht zustimme.
Macaroli hat geschrieben:
Eines der grundsätzlichen Probleme im deutschen Fussball ist aber auch, dass am liebsten natürlich viel Geld generiert werden soll - okay, wer will das nicht?!
Aber gleichzeitig will man Unternehmen (und nichts anderes sind das) mit dreistelligen Millionenumsätzen weiter wie Vereine führen.
Eigentlich werden doch ziemlich alle großen BuLi-Teams bereits als Unternehmen geführt, bei denen die Vereine im Tagesgeschäft nicht viel zu melden haben? Letztlich haben die Vereine und ihre Jahreshauptversammlungen ja nur bei grundsätzlichen Richtungsentscheidungen und der AR-Besetzung das volle Mitspracherecht, oder? Korrigiere mich bitte gerne, falls ich da schlecht informiert bin.
Macaroli hat geschrieben:
Die Erfahrungen will ich nicht in Zweifel ziehen, aber auch da frage ich mich, wo da der Unterschied zu bisher ist. 1999 hat Jean Löring zur Halbzeit (!) seinen Fortuna Köln - Trainer Toni Schumacher entlassen. Zitat gefällig?
Hau app in de Eiffel. Du määs minge Verein kapott. Du häss he nix mie zu sare, du Wichser.
Und dann natürlich noch hinterher, ebenfalls legendär:
Ich als Verein musste ja reagieren.
Da sieht man das Selbstverständnis gewisser Personen. Schwierig war auch Rolf-Jürgen Otto bei Dresden. Ein Choleriker, nach dem Dynamo dann sportlich wie finanziell Abstieg. Vor den persönlichen Eitelkeiten einzelner Personen rettet aber kein Investor und auch kein Vereinswesen. Wenn Robert Schäfer schlechte Erfahrungen mit Ismaik gemacht hat, dann hat er damit sicher recht, aber man kann es nicht verallgemeinern.
Hähä, der Schäng, ich erinnere mich.
Natürlich kann sich auch in einer Vereinsstruktur ein alleinherrschender Despot zum alternativlosen Diktator aufschwingen. Letztlich ist es ja auch das, was beim HSV seit einer Weile alle echten Neuansätze/Kurswechsel verhindert.
Im Endeffekt bleibt es aber die Wahl der Mitglieder, sich dem freiwillig auszuliefern oder eben nicht.
Macaroli hat geschrieben: Die Erfahrungen will ich nicht in Zweifel ziehen, aber auch da frage ich mich, wo da der Unterschied zu bisher ist.
Trotzdem bleibt den Mitgliedern praktisch, selbst in solch extremen Fällen, in einem Verein die Möglichkeit, solche Leute als Präsidenten abzuwählen, ihre AF/GF-Kandidaten nicht durchzuwinken, ihnen die Entlastung zu verweigern usw usf.
Das ist oft genug geschehen und auch nicht selten im letzten Moment, bevor ein Verein in die Totalpleite gesteuert wurde.
Diese Möglichkeit fällt halt ersatzlos weg, wenn das Team reiner Privatbesitz ist. Dass sich so was also faktisch
auch in einer Vereinsstruktur aufbauen kann, ändert also aus meiner Sicht nichts an den grundsätzlichen Mitbestimmungsmöglichkeiten, die es mal gibt und mal nicht.
Komme ich also auf Rolf-Jürgen Otto zurück: Er wurde entweder abgewählt oder abgesetzt, das weiß ich nicht. Aber Dynamo Dresden ist ihn losgeworden, auch weil Dynamo Dresden eben nicht sein Privatbesitz war. Macht aus meiner Sicht schon einen Unterschied.
Letztlich pflanzt man sich ohne 50+1 im Idealfall 1-2 finanzstarke Mannschaften, isoliert von der eigentlichen Finanzstruktur der Liga, in den Ligaacker ein. Wie gesagt, sehe ich da vor allem Schalke und Berlin als Kandidaten. Dazu noch ein paar begrenzt investierende oder gar nur Gewinnorientierte Lokalmäzene. Solange das aber -anders als in England- abgekoppelt von hohen TV-Einnahmen in ähnlichem Maßstab bleibt, erzielt man damit für die Gesamtliga auch keinen größeren Schub, als PSG in Frankreich oder RB in Österreich in den letzten 12 Jahren.
Damit will ich jetzt nicht fundamental pro- oder anti-50+1-Abschaffung agitieren. Mir geht es da eher um eine realistische Abschätzung der potentiellen Konsequenzen und Dividenden.
Zuerst ging ich nach links, und er auch. Dann ging ich nach rechts, und er auch. Dann ging ich erneut nach links, und er ging einen Hot Dog kaufen. (Zlatan)