Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Diskussionen über die 5JW der Saison 21/22,
nach deren Ergebnissen in der BL Saison 21/22 die Teilnehmer ausgespielt werden,
welche dann 22/23 in der CL/EL/ECL spielen
Vollspann
Nationalspieler
Nationalspieler
Beiträge: 590
Registriert: So 20. Jul 2014, 22:01
Lieblingsverein: FSV Frankfurt

Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von Vollspann » Do 31. Aug 2017, 21:03

Macaroli hat geschrieben: Auf der ersten Seite wird sehr, sehr oft von einer Blase gesprochen. Ich bin auch kein Wirtschaftswissenschaftler (wobei man sagen muss, dass in der Geschichte der Spekulationsblasen regelmäßig auch die "Experten" so richtig daneben lagen), aber ich habe den Eindruck, das Wort wird teilweise falsch verwendet und selbst wenn es richtig wäre, sind die Konsequenzen wohl doch andere als erwartet.

Was eine Blase eigentlich ausmacht (das hab ich aus einem Lexikon für Wirtschaftswissenschaften, sicher gibt es auch da unterschiedliche Definitionen), ist eine spekulative Übertreibung des Preises, welche nicht durch realwirtschaftliche Umstände zu rechtfertigen ist.
Da ist tatsächlich die Wahl des Begriffs ein Teil des Problems, meiner Ansicht nach. Mit einer "Blase" verbindet man eben zwangsläufig etwas, was gar nicht anders kann, als irgendwann zu "platzen". Damit verengt man den Begriff irreführend. (Semiotisch betrachtet :oops: )

Aktuell würde ich aber Situation so bewerten: In England (und auch in Deutschland, Rest kann ich nicht beurteilen) haben sich konkurrierende Pay-TV-Unternehmen einen Preiskampf geliefert, als es darum ging, sich claims abzustecken im sich neu ordnenden TV-Anbietermarkt, befeuert durch die vom EU-Kartellamt durchgesetzte No-single-buyer-Regel. Man kann die Vermutung haben, dass sich die dafür erforderlichen Einnahmen im zersplitterten Angebot nicht in diesem Ausmaß realisieren lassen werden und es deswegen bei den jeweiligen Inlandsrechten zumindest nicht so weitergehen wird. Das könnte zu einer Marktbereinigung führen, die bei den nächsten Bieterrunden zu einem gewissen Rückgang führt.

Das wäre kein "Platzen", bleibt vielleicht auch aus oder wird vielleicht durch weiter steigende Auslandsrechte kompensiert, insbesondere bei der PL. Das jetzt kurzfristig zu erwarten oder zu denken, es würde schnell den Vorteil der PL beenden, halte zumindest ich für unrealistisch. Die meisten der Player sind finanzstark genug, um da auch Verluste eine Weile lang auszuhalten.
Jetzt dauernd über ein "Platzen der Blase" zu debattieren, finde ich deshalb witzlos.

Und was die externen Zuflüsse durch Finanziers betrifft, wird das genau so lange kein Ende finden, wie das die UEFA nicht effektiv unterbindet. Also in der Realität eher nicht.
Macaroli hat geschrieben: Eine andere Sache ist, dass ich den Eindruck habe, wir bewegen uns eher zu 90% bei der moralischen Bewertung der Ablsösesummenentwicklung, als bei der sachlichen Einschätzung... wenn man sich unsere Erzieherinnen oder Pflegekräfte anschaut, wenn man alleinerziehende Mütter mit 2 Jobs sieht, die in einer knapp bemessenen Wohnung sich fast schon beide Beine ausreißen, damit ihre Kinder materiell das Notwedigste haben.


Das ist für mich auch eher eine Ersatzmoral, die sich um die wirklich relevanten sozialen Fragen rumdrückt. Ich kann mich auch über die Einnahmen einer Helene Fischer aufregen, aber die macht nun mal die "Musik", für die die Kunden zahlen. Bei Kickern ist das auch nicht viel anders.
Wenn man da wieder zurück zu mehr "Gerechtigkeit" will, muss man dafür sorgen, dass die neuen globalen Monsterkonzerne wie Facebook, Amazon oder eben auch Murdoch, Discovery und co wieder dort versteuern, wo sie ihre Einnahmen machen, zu den Steuersätzen, die auch andere zahlen. Viele davon partizipieren auch am Fußballgeschäft, dazu gehören auch andere Firmen, die in dem Umfeld direkt oder indirekt aktiv sind, wie Coca-Cola, Nike-Adidas etc, die Wettfirmen uvm. Alles Steuervermeider in unfassbarem Ausmaß.
Da allerdings kommen wir in einen Bereich, wo wenig passiert, weil .... ach lassen wir das, ist Real-Politik. ;)
Macaroli hat geschrieben:
In Deutschland hatten wir Anfang des Jahrtausends mal eine Situtation, dass die Kirch-Pleite empfindiche Einbußen für die Bundesliga bei dern TV-Einnahmen mit sich brachte. Ich würde jetzt nicht sagen, dass da eine Blase platzte. Vielmehr gab es eine Stagnation, welche International ein paar Jahre spürbar war.
Es war schon aber nicht ganz zufällig genau die Zeit, als die BuLi anschliessend international am wenigsten wettbewerbsfähig war. Man könnte ja auf sowas für England hoffen, aber wie gesagt, in dem Ausmaß glaube ich daran nicht.

Macaroli hat geschrieben: Ich weiß nicht, ob der Rest mitziehen muss. Es sind wohl eher zwei Dinge, die entscheidend sind: 1. Der wirtschafltiche Erfolg - 2. Der sportliche Erfolg.
Bis zu einem gewissen Grad sind sie bei den Gehältern natürlich schon dazu gezwungen. Momentan kann man in England wohl schon doppelt soviel verdienen wie in der Buli. Je größer der Abstand wird, desto weniger gute Spieler werden hier bleiben.

Macaroli hat geschrieben:
Ich habe schon ein paar Mal geschrieben, dass ich für eine Abschaffung von 50+1 bin. Nicht weil ich die Regelung an sich verkehrt finde, aber aktuell ist sie selbst innerhalb Deutschlands höchst unfair. Ein 1. FC Nürnberg muss sich an die bestehenden Regeln halten. Würde aber ein 1. FC Adidas Herzogenaurach gegründet, dann könnten sie den RaBa Leipzig - Weg gehen und in 5 Jahren Bundesliga spielen. Gut, die Regeln gelten zwar für beide Teams, aber unabhängig davon ob man das gut findet oder nicht, hat der Klub keine Wahl, er muss 20 Jahre (bei einem Investorenneueinstieg) warten, bis 50+1 umgangen werden kann. Ein neuer Klub a lá RaBa kann das schneller machen. Aber dass andere Vereine nicht diese Wahl haben (es wird ja niemand gezwungen), das ist eigentlich nicht zu akzeptieren und erreicht wettbewerbsverzerrende Ausmaße. Ich kann die Befürworter der Regel ja verstehen, aber die aktuelle Auslegung der Regel schadet den Traditionsvereinen auf Dauer mehr, als eine Abschaffung.
Dass sich da RB einen Vorteil verschaffen konnte, liegt aber weniger an der Regel an sich, als daran dass der DFB ihre Umgehung mit Bauerntricks zulässt. RB hat im Endeffekt ja auch nicht furchtbar unverhältnismäßig viel investiert. Der entscheidende Vorteil war, dass Mateschitz von Anfang die totale Kontrolle hatte, was für ihn sicher eine Bedingung für das Projekt war.
Macaroli hat geschrieben:
Aber das wird es nicht mehr. Und auch in Deutschland ist es schon so weit ausgehöhlt, dass es mehr schadet als nutzt. Hannover 96 nutzt nun als Klub die 20-Jahre-Klausel. Vielleicht kommen noch 2 oder 3 kleiner Klubs nach und so nach und nach weicht die Regel soweit auf, dass die Klubs, welche nicht können oder nicht dürfen, einen starken Wettbewerbsnachteil haben.
Letztlich würde sich daran nicht viel ändern. Es wird auch dann Clubs mit besseren und schlechteren finanziellen Bedingungen geben. Nur würde es schwerer werden, sich durch sportlichen Erfolg nach oben zu arbeiten, weil die Lücke größer wäre und der Anteil der erfolgsabhängigen Gesamtfinanzierung geringer.
Und Hoffenheim hat gezeigt, dass man einen Verein auch unter Beachtung der 20-Jahre-Regelung sinnvoll aufbauen kann. 7 Jahre mit Haltefrist, wie mal geplant, würden mir ja auch reichen, um Knallchargen und Heuschrecken fernzuhalten.

Vollspann hat geschrieben:http://www.football-observatory.com/

Die Seite kann ich generell nur jedem mit erotischem Verhältnis zu Statistiken empfehlen.
Macaroli hat geschrieben: Ich hoffe, es hält sich noch in Grenzen. ^^
:oops:

:D
Zuerst ging ich nach links, und er auch. Dann ging ich nach rechts, und er auch. Dann ging ich erneut nach links, und er ging einen Hot Dog kaufen. (Zlatan)

Vollspann
Nationalspieler
Nationalspieler
Beiträge: 590
Registriert: So 20. Jul 2014, 22:01
Lieblingsverein: FSV Frankfurt

Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von Vollspann » Do 31. Aug 2017, 21:29

Lok hat geschrieben: Nichts ist schädlicher als interne Reibereien. Aber genau davon gibt es beim HSV genug und 1860 München bestand am Ende nur noch aus internen Reibereien.

Man muss ja bedenken, dass Kühne und Ismaik auf bestehende Strukturen trafen und auf eine glorreiche Vergangenheit und große Tradition. In so einer Situation muss man sehr behutsam und clever vorgehen. Wenn man sich dann wie der Elefant im Glashaus verhält, darf man sich nicht wundern, dass am Ende jeder gegen jeden interagiert.

Red Bull lehnt ja Sponsoring im Fußball ab. Die wollen komplette Kontrolle. Bei Austria Salzburg wurde quasi die gesamte Vorgeschichte gelöscht, alle alten Strukturen wurden ersetzt. Da so etwas in Deutschland nicht möglich ist, blieb nur die Neugründung eines Vereins. Ein mühsamer Weg, aber jetzt zahlt es sich aus. Rasenballsport Leipzig ist ja in dem Sinn kein Fußballverein. Es gibt keine Vereinsmitglieder, es gibt keine nervigen Mitgliederversammlungen, es gibt keine Mitsprache von Fans.
Ja, Planungssicherheit und Kontrolle für Investoren. Nachvollziehbar, dass das für fast alle Vorbedingung ist. Kühne und Ismaik hätten aber sicher beide auch unter diesen Bedingungen dennoch genauso ein Chaos veranstaltet. Kühne dürfte faktisch eh ziemlich alleine das Sagen haben beim HSV.

Ich muss natürlich auch zugeben, dass man für selbstzerstörerisch unfähige Vereinsführung nicht zwingend selbstherrliche Geldsäcke braucht. Das schaffen auch herkömmliche Traditionsvereinsführungen bestens.
Zuerst ging ich nach links, und er auch. Dann ging ich nach rechts, und er auch. Dann ging ich erneut nach links, und er ging einen Hot Dog kaufen. (Zlatan)

Benutzeravatar
Macaroli
Super Star
Beiträge: 3826
Registriert: Do 25. Aug 2011, 19:45
Lieblingsverein: Bayern München, VfB Bad Mergentheim
Wohnort: Neustadt/ Aisch
Kontaktdaten:

Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von Macaroli » Do 31. Aug 2017, 21:57

Vollspann hat geschrieben:Da ist tatsächlich die Wahl des Begriffs ein Teil des Problems, meiner Ansicht nach. Mit einer "Blase" verbindet man eben zwangsläufig etwas, was gar nicht anders kann, als irgendwann zu "platzen". Damit verengt man den Begriff irreführend. (Semiotisch betrachtet :oops: )
Ich habe das deswegen nochmal aufgegriffen, weil ich genau den Eindruck hatte. Und, ich möchte niemandem zu nahe treten, aber da vermischt sich ein wenig Wunschdenken mit Begriffen, die sicher auch in der Presse ab und an so aus Fachgebieten ausgeliehen werden. Kurz gesagt "das kann gar nicht anders sein, als dass dies eine Blase ist, die irgendwann in einem großen Knall endet!" Aber das ist, wie gesagt eher eine moralische Ansicht.

@Vollspann: Das von Dir beschriebene Szenario mit einem Rückgang wäre ja die deutsche Situation nach der Kirch-Pleite. Halte ich für realistisch. Sicher ist nur eines, kein Markt kann unentwegt nur wachsen. Ich weiß nicht, ob Englands TV-Vertrag schon die Spitze ist, oder ob nochmal 2 bis 3 mal so viel geht, aber irgendwann ist mal ein Punkt erreicht wo es eine Stagnation oder auch einen Rückgang geben muss. Eine Prognose darüber wann das sein könnte und wo die Grenze ist, kann ich natürlich nicht abgeben.
Ich hatte vor der Saison ein Angebot aus England. Wäre ich bloß hingegangen. In England ist Fußball wenigstens noch Männersport - und nichts für Tunten. (Axel Kruse)

Lok
Star
Star
Beiträge: 1061
Registriert: Do 15. Okt 2009, 11:24
Lieblingsverein: dt. Fußballnationalmannschaft
Wohnort: Berlin

Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von Lok » Fr 1. Sep 2017, 00:37

Vollspann hat geschrieben:Das ist für mich auch eher eine Ersatzmoral, die sich um die wirklich relevanten sozialen Fragen rumdrückt. Ich kann mich auch über die Einnahmen einer Helene Fischer aufregen, aber die macht nun mal die "Musik", für die die Kunden zahlen. Bei Kickern ist das auch nicht viel anders.
Wenn man da wieder zurück zu mehr "Gerechtigkeit" will, muss man dafür sorgen, dass die neuen globalen Monsterkonzerne wie Facebook, Amazon oder eben auch Murdoch, Discovery und co wieder dort versteuern, wo sie ihre Einnahmen machen, zu den Steuersätzen, die auch andere zahlen. Viele davon partizipieren auch am Fußballgeschäft, dazu gehören auch andere Firmen, die in dem Umfeld direkt oder indirekt aktiv sind, wie Coca-Cola, Nike-Adidas etc, die Wettfirmen uvm. Alles Steuervermeider in unfassbarem Ausmaß.
Da allerdings kommen wir in einen Bereich, wo wenig passiert, weil .... ach lassen wir das, ist Real-Politik. ;)
Im Prizip hat es das alles schon mal gegeben. Brot und Spiele! Bei den Römern. Die Gladiatoren haben ihr Leben aufs Spiel gesetzt. Gleichzeitig konnte man als erfolgreicher Gladiator berühmt werden und Reichtum ansammeln. Wozu das Ganze? Gladiatorenkämpfe waren nötig, um die Bevölkerung ruhig zu stellen. Also eine Bevölkerung die genug zu essen hat (Brot) und Zerstreuung (Spiele) macht keinen Stress wie Aufruhr, Revolution usw.
Heute stellt man einen Teil der Bevölkerung mit Fußball ruhig. Fußballspieler sind ebenso wie früher Gladiatoren Berühmtheiten. Eigentlich haben sie es doch gut, sie müssen nicht mal mehr ihr Leben aufs Spiel setzen um berühmt zu werden.
Wobei etwas aus dem Lot geraten ist es schon. Ein Spitzenfußballer verdient mehr als ein Topmanager bei einem großen Konzern (Daimler oder Deutsche Bank). Ein Topmanager verdient sogar ein Vielfaches eines Spitzenpolitikers.
Sowas hätte es bei den Römern nicht gegeben. Gladiatoren waren zwar reich oder berühmt, aber sie hätten niemals den Kaiser oder andere Adelige in den Schatten gestellt.
Vollspann hat geschrieben:Dass sich da RB einen Vorteil verschaffen konnte, liegt aber weniger an der Regel an sich, als daran dass der DFB ihre Umgehung mit Bauerntricks zulässt. RB hat im Endeffekt ja auch nicht furchtbar unverhältnismäßig viel investiert. Der entscheidende Vorteil war, dass Mateschitz von Anfang die totale Kontrolle hatte, was für ihn sicher eine Bedingung für das Projekt war.
Bauerntricks ja, aber sie haben sich schon sehr clever angestellt.

aus Wikipedia: "Hierzu nahm Red Bull Kontakt zu den Fußballvereinen FC St. Pauli, TSV 1860 München und Fortuna Düsseldorf auf. Für Investitionen in einen Verein verlangte Red Bull eine Mehrheit von 50+1 Prozent sowie eine Änderung des Vereinsnamens, des Vereinswappens und der Vereinsfarben. Da alle drei Vereine die Forderungen von Red Bull nicht akzeptierten, unternahm Red Bull den Versuch, im Leipziger Fußball Fuß zu fassen. Der Einstieg beim FC Sachsen Leipzig scheiterte jedoch am Deutschen Fußball-Bund (DFB), der wegen namensrechtlicher Unstimmigkeiten die Zustimmung verweigerte, und an Fanprotesten. Der DFB befürchtete zudem eine zu große Einflussnahme des Investors.
Da die Vereine unterhalb der Regionalliga nicht (mehr) dem DFB-Lizenzierungsverfahren unterliegen, wurde daraufhin am 19. Mai 2009 der eigenständige Verein RB Leipzig gegründet."

Das es bis heute keine Nachahmer gibt, zeigt ja auch wie beschwerlich der Weg ist. Wer möchte schon in der 5. Liga anfangen und dann sich auch noch durch die Relegation zur 3. Liga kämpfen?

Im Prinzip hat sich der DFB übertölpeln lassen. Bis auf ein paar kleine Änderungen am Wappen, hat Red Bull bis heute keine Zugeständnisse gemacht. Die Forderung der DFL den Verein offener zu gestalten, wurde bis heute nicht erfüllt. Scheinbar ist das jetzt auch nicht mehr Bedingung. Es ist schon komisch dass es in der Bundesliga einen Verein gibt, der sich nicht an die Regeln hält, während alle anderen das tun.

Mich würde ja mal interessieren, was nach 20 Jahren passiert. Dann könnten sie ja auch legal die Kontrolle behalten. Öffnen sie dann den Verein für Mitglieder und Fans? Oder haben sie da auch in Zukunft keine Interesse daran, weil das nur Unruhe reinbringt? Mitgliederversammlungen usw.

Benutzeravatar
Macaroli
Super Star
Beiträge: 3826
Registriert: Do 25. Aug 2011, 19:45
Lieblingsverein: Bayern München, VfB Bad Mergentheim
Wohnort: Neustadt/ Aisch
Kontaktdaten:

Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von Macaroli » Sa 2. Sep 2017, 17:53

Lok hat geschrieben:Im Prizip hat es das alles schon mal gegeben. Brot und Spiele! Bei den Römern. Die Gladiatoren haben ihr Leben aufs Spiel gesetzt. Gleichzeitig konnte man als erfolgreicher Gladiator berühmt werden und Reichtum ansammeln. Wozu das Ganze? Gladiatorenkämpfe waren nötig, um die Bevölkerung ruhig zu stellen. Also eine Bevölkerung die genug zu essen hat (Brot) und Zerstreuung (Spiele) macht keinen Stress wie Aufruhr, Revolution usw.
Heute stellt man einen Teil der Bevölkerung mit Fußball ruhig.
Die "populärsten" Gesetzesbeschlüsse während einer Fussball-WM oder EM:
2006: Mehrwertsteuererhöhung von 16% auf 19%
2010: Erhöhung des gesetzlichen Krankenkassenbeitrags von 14,9 Prozent auf 15,5
2012: Reform des Meldegesetzes - mit dem Gesetz, das im Bundesrat aber korrigiert wurde, könnten Ämter die Daten von Bürgern an Firmen und Adresshändler weitergeben, wenn die Bürger vorher nicht ausdrücklich widersprochen haben - der Beschluss wurde in der Anwesenheit von 26 Abgerordneten gefällt.

Ich glaube nicht, dass die ersten beiden Beschlüsse anders gelaufen wären. Der dritte wahrscheinlich auch nicht. Aber das geringere Interesse an politischen Fragestellungen während einem Sportereignis wird sicher gerne in Kauf genommen. Ansonsten sind wir doch schon ein wenig weiter weg vom eigentlichen Thread.

Ich habe einen Artikel gefunden im Handelsblatt (das Datum ist vom 02.09.2017, bin mir aber nicht ganz sicher, ob der Artikel von heute ist), in dem mehrere Gründe genannt werden, warum der Fussballsektor noch weiter wächst und sicherlich noch höhere Ablösen und Gehälter generieren wird. Die Puntke sind:
  • erwartetes 50% Wachstum in den nächsten Jahren im Merchandising
  • Auf Deutschland bezogen wird erwartet, dass im Pay-TV-Markt international noch aufgeholt wird
  • mögliche 30% Wachstum beim Sponsoring
  • 20% mehr bei Ticketverkäufen
  • 25% mehr beim Auslandsmarketing
Wobei ich jetzt gerade zugeben muss, dass der Artikel wohl ausschließlich die Situation für die Bundesliga beschreibt. Erwähnt wird nochmal, dass Deutschland in der Vergangenheit deutlich stärker wuchs, als Spanien oder Italien und relativ klar auf Platz 2 der europäischen Umsatztabelle steht. Nur England übersteigt alles.
Ich hatte vor der Saison ein Angebot aus England. Wäre ich bloß hingegangen. In England ist Fußball wenigstens noch Männersport - und nichts für Tunten. (Axel Kruse)

kleinerfisch
Stammspieler
Stammspieler
Beiträge: 144
Registriert: Sa 19. Dez 2009, 12:39

Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von kleinerfisch » Mo 4. Sep 2017, 12:42

Macaroli hat geschrieben: Ich habe einen Artikel gefunden im Handelsblatt (das Datum ist vom 02.09.2017, bin mir aber nicht ganz sicher, ob der Artikel von heute ist), in dem mehrere Gründe genannt werden, warum der Fussballsektor noch weiter wächst und sicherlich noch höhere Ablösen und Gehälter generieren wird. Die Puntke sind:
  • erwartetes 50% Wachstum in den nächsten Jahren im Merchandising
  • Auf Deutschland bezogen wird erwartet, dass im Pay-TV-Markt international noch aufgeholt wird
  • mögliche 30% Wachstum beim Sponsoring
  • 20% mehr bei Ticketverkäufen
  • 25% mehr beim Auslandsmarketing
Wobei ich jetzt gerade zugeben muss, dass der Artikel wohl ausschließlich die Situation für die Bundesliga beschreibt. Erwähnt wird nochmal, dass Deutschland in der Vergangenheit deutlich stärker wuchs, als Spanien oder Italien und relativ klar auf Platz 2 der europäischen Umsatztabelle steht. Nur England übersteigt alles.
Na ja, der Artikel ist eigentlich ein Interview mit einem Prof für Sportökonomie (der sich übrigens beklagt, dass die UEFA PSG noch nicht wegen Neymar auf die Finger gekloppt hat - Monate bevor PSG auch nur seine Bilanz einreichen muss).
Wie beim HB üblich, gibt es ein paar "Einschübe" mit Zahlen zum Thema. Einer davon zeigt die teuersten Transfers aller Zeiten mit Bale an der Spitze, der andere eine McKinsey-Studie mit den besagten Zahlen.
Ich hab sie mal gegoogelt und gelesen.

Sie stammt von 2015 und basiert auf Daten der Saison 2013/14 und bezieht sich tatsächlich ausschließlich auf die Bundesliga.
Ihre Zielrichtung ist nicht etwa das zukünftige Wachstum der BuLi, sondern ihr Einfluß auf die deutsche Volkswirtschaft. Die genannten Prognosezahlen gelten für die Jahre 2014-20 und sind mehr oder weniger Abfallprodukt und werden auf den letzten 2 von 24 Seiten dargestellt.

Interessanterweise spiegeln die Texte zu den einzelnen Punkten nicht unbedingt die Zahlen wider:

Merchandising:
Der Bereich sei "relativ klein im Vergleich zu anderen Umsatzquellen". 50 % sind realistisch bei "anhaltendem sportlichen Erfolg und steigender Vermarktungskompetenz der Vereine (z.B. systematische Nutzung von Kundendaten für Cross- und Up-Selling)".
Medien:
Hier wird auf die relativ geringen TV-Erlöse im Inland abgestellt, die sich ja inzwischen durch den neuen Vertrag signifikant erhöht haben (+85%).McKinseys Prognose von +45% in diesem Bereich ist damit schon überholt.
PayTV:
Hier wiederholt McKinsey die schon seit Jahren gebetsmühlenartig wiederkehrende Forderung nach einem Ausbau des Pay-TV Marktes bei uns. Stattdessen schrumpfen die Zahlen bei Sky. Wie sich das ab dieser Saison mit DAZN und Eurosport darstellt, werden wir sehen.
Sponsoring:
Im Vergleich zum vorigen 6-Jahres-Zeitraum (+60%) werden die Erlöse "selbst unter günstigen Voraussetzungen (sportliche Erfolge, gute Zuschauerquoten) allenfalls halb so hoch" sein.
Tickets:
Da schon 90% Auslastung kann "abseits von drastischen Preissteigerungen" Wachstum allenfalls "im niedrigen zweistelligen
Prozentbereich" erwartet werden. Wenn also 20% angesetzt werden, impliziert das wohl drastische Preissterigerungen.
Ausland:
Die 25% finden sich im Handelsblatt, jedoch nicht in der Studie. Dort gibt es eine Position "Sonstiges", die mit 25% Wachstum angegeben ist, jedoch nicht näher erläutert wird. An anderer Stelle wird "Sonstiges" als Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen und Transfererlösen definiert. Da ersteres sicher eine völlig untergeordnete Rolle spielt und Letzeres über die gesamte Liga regelmäßig eine Kosten- und keine Erlösposition ist, bleibt hier völlig unklar, wo das Wachstum herkommen soll - außer die BuLi wird wirklich eine Ausbildungsliga wie zB Portugal oder Holland.

Fazit:
Schon die Studie scheint nicht übermäßig seriös; sie teilt zumindest ihre Hintergründe nicht ausreichend mit. Das HB verkürzt dann nochmals und zitiert im Punkt Ausland schlicht falsch.
Aber auch nach McKinsey können weitere Steigerungen der Erlöse letztlich nur vom Fan kommen (Merchandising, teurere Tickets, PayTV, TV -Auslandsrechte).
Während ich selbst im Ausland noch Potential sehe, scheint der heimische Markt beim PayTV erstmal ausgereizt. Preiserhöhungen bei den Tickets scheinen auch nur schwer durchsetzbar. Merchandising kann ich schwer einschätzen, insbesondere welche Beträge eigentlich bei den Vereinen hängenbleiben. Wenn ein Trikot im Bayern-Shop 90 EUR kostet, muss Bayern das ja auch erst mal selber von Adidas kaufen.

Benutzeravatar
JohnDRockford
Super Star
Beiträge: 1893
Registriert: Di 15. Mär 2011, 09:18
Lieblingsverein: FC Twente
Wohnort: Provinz Overijssel

Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von JohnDRockford » Sa 9. Sep 2017, 09:55

Man braucht sich eigentlich gar keine Hoffnungen machen, solange Amateure wie dieser Herr hier das Sagen in den Bundesligavereinen haben:

Mainz-Vorstandschef Kaluza: „50+1 darf nicht fallen“

Ein paar lesenswerte Auszüge:
Johannes Kaluza hat geschrieben: „50+1 darf nicht fallen“, sagte der 62-Jährige in einem „Bild“-Interview. „Wir haben es mit zwei unterschiedlichen Entwürfen von Fußball zu tun: Wollen wir einen Fußball, den Kapitalgesellschaften organisieren wie in England, wo man die höchsten Erträge scheffeln und die teuersten Stars holen kann? Ist das unser Vorbild? Oder ist es die in Deutschland geprägte Vereins-Kultur?“, sagte Kaluza.
"Vereins-Kultur" gibt es im Amateurfußball, wohin dieser Typ mit seinen Kompetenzen wohl eher gehört. Da kann er sich dann im Vereinsheim an die Biertheke setzen, nen schönen Humpen trinken, zusammen mit den "echten, wahren Fans" nette Vereinsliedchen singen und jeden Sonntag "ehrlichen" Fußball auf dem Bolzplatz genießen. Wer als sogenannter "Vorstandschef" eines Unternehmens höhere Erträge über irgendeine "Vereins-Kultur" stellt, hat seinen Posten schlicht nicht verstanden und gehört schnellstmöglich abgesetzt. Es hat schon seinen Grund, warum aus Mainz 05 weder unter Strutz noch jetzt unter diesem Inkompetenzling irgendetwas nennenswertes geworden ist. Wie denn auch, wenn solche Leute da das Sagen haben.
Kaluza ist dafür, den Fußball in Deutschland weiterhin auf der Basis eingetragener Vereine zu organisieren.
Bis zur Regionalliga ist das doch auch kein Problem.

Vollspann
Nationalspieler
Nationalspieler
Beiträge: 590
Registriert: So 20. Jul 2014, 22:01
Lieblingsverein: FSV Frankfurt

Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von Vollspann » Di 12. Sep 2017, 17:46

JohnDRockford hat geschrieben:
Johannes Kaluza hat geschrieben: „50+1 darf nicht fallen“, sagte der 62-Jährige in einem „Bild“-Interview. „Wir haben es mit zwei unterschiedlichen Entwürfen von Fußball zu tun: Wollen wir einen Fußball, den Kapitalgesellschaften organisieren wie in England, wo man die höchsten Erträge scheffeln und die teuersten Stars holen kann? Ist das unser Vorbild? Oder ist es die in Deutschland geprägte Vereins-Kultur?“, sagte Kaluza.
Wer als sogenannter "Vorstandschef" eines Unternehmens höhere Erträge über irgendeine "Vereins-Kultur" stellt, hat seinen Posten schlicht nicht verstanden und gehört schnellstmöglich abgesetzt.
Mach dir mal einen schönen Tee, atme ein paar mal ruhig durch und lese dann seine Aussage noch mal richtig durch. Er sagt genau das Gegenteil dessen, was du ihm vorwirfst.
JohnDRockford hat geschrieben:Es hat schon seinen Grund, warum aus Mainz 05 unter Strutz (nicht) irgendetwas nennenswertes geworden ist. Wie denn auch, wenn solche Leute da das Sagen haben.
Mach dir noch einen weiteren Tee, atme noch mal ruhig durch und lese dir im Internetz mal sorgfältig etwas Wissen um die Geschichte von Mainz 05 an, vor Strutz und unter Strutz. Wenn du dann immer noch glaubst, den so abwatschen zu müssen, darfst du gerne erwähnen, was du selber noch besser gewuppt hast. Angesichts seiner Bilanz wäre das schon eine angemessene Basis für eine derartige Abwatschung.
Zuerst ging ich nach links, und er auch. Dann ging ich nach rechts, und er auch. Dann ging ich erneut nach links, und er ging einen Hot Dog kaufen. (Zlatan)

Vollspann
Nationalspieler
Nationalspieler
Beiträge: 590
Registriert: So 20. Jul 2014, 22:01
Lieblingsverein: FSV Frankfurt

Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von Vollspann » Di 12. Sep 2017, 18:16

Und CIES hat eine Bilanz des Transferfensters rausgebracht. Nettospendings der 5 Topligen:

Premier League: 835 Mill
Serie A: 139 Mill
Bundesliga: 81 Mill
Ligue 1: 55 Mill
La Liga: -9 Millionen (also 9 Millionen Tranferüberschuss)

Zu England fällt mir nur eines ein: :shock:

Nimmt man die Sonderfälle Neymar und Dembele heraus, gleicht sich das bei spanischer, deutscher und italienischer Liga ziemlich aus.
Edit: Dembele wird da mit um 150 Mill berechnet, bei Neymar setze ich mal 220 Mille an. Rausgerechnet ergeben sich in etwa:
La Liga: 60 Mill
BuLi: 230 Mill

Schon liegt die BuLi also auf Platz 2 der Investitionen.
Rechnet man die Serie A mal ohne die Auslandstransfers des AC Milan (netto mehr als 80 Mill), so haben die verbleibenden Vereine netto ca. 60 Mill investiert.

Damit kommt man im Schnitt durch die Anzahl der Vereine in den Ligen auf grob folgende Netto-Invests je Verein bei grenzüberschreitenden Transfers, also ohne diese drei Sonderfälle:

Premier League: 42 Mill
BuLi: 13 Mill
La Liga: 3 Mill
Serie A ohne ACM: 3 Mill

Also immer noch kein Anlass zur Panik, dass wir finanziell von Italien und Spanien anbgehängt werden. Selbst wenn man Yarmolenko als Dembele-Folge-Transfer wertet, ändert sich das nur geringfügig.

Apropos AC Milan:
Dem Guardian konnte ich entnehmen, dass der US-Hedgefonds Elliott Management, vom Guardian als "Aasgeierfonds" bezeichnet, der die Kredite für Mailands Aufkauf und Transfers gegeben hat, dafür 11 % Zinsen einfordert. :shock: Und zwar für 300 Millionen Pfund aus Transfers und Teilfinanzierung des Vereins-Kaufpreises für den Chinesen!
Und das muss der AC ab jetzt durch Erfolge refinanzieren. Gelingt das nicht, geht der AC Milan in den Besitz dieses Fonds über. Für den Verein ist das Vabanque. Für den Fonds entweder eine Traumrendite oder ein Aufkauf zum Schnäppchenpreis.
So dürfte das ganz nach deinem Geschmack und Vorbildhaft für die BuLi sein, nicht wahr JDR?

https://www.theguardian.com/football/bl ... quity-fund
Zuerst ging ich nach links, und er auch. Dann ging ich nach rechts, und er auch. Dann ging ich erneut nach links, und er ging einen Hot Dog kaufen. (Zlatan)

kleinerfisch
Stammspieler
Stammspieler
Beiträge: 144
Registriert: Sa 19. Dez 2009, 12:39

Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von kleinerfisch » Di 12. Sep 2017, 22:28

Das stimmt so aber nicht ganz:
1. Es sind "nur" 300 Mio. Euro, also ca. 10 % weniger als 300 Mio. Pfund.
2. Es gibt zwei Zinssätze für zwei Teilsummen; es ergibt sich ein gewichteter Zins von "nur" 9,9%
3. Milan gehört nun dem chinesischen Milliardär Li. Einen Teil der Summe hat er selbst geliehen, einen anderen Milan.

Dass der "Verein" mangels Rückzahlung der Schulden bis Ende(?) 2018 auf den Hedgefonds übergehen könnte, steht in dem Artikel als Aussage des CEO von MIlan.
Dazu sollte man aber auch wissen, dass Milan vor dem Chinesen gut 30 Jahre Berlusconi gehörte, der ihn auch schon von irgendwem kaufte. Ich konnte den Vorbesitzer nicht ermitteln, habe bei der Recherche aber gelesen, dass der Club schon 1926 dem Reifenmagnaten Pirelli gehörte.
Inwieweit das Wort "Verein" hier überhaupt passt sei dahingestellt. Auf keinen Fall handelt es sich aber um einen Verein im deutschen Sinn, sonder eher um eine Firma.

Dass Milan auch nur seinen Anteil der Schulden "durch Erfolge refinanzieren" müsste, steht nicht in dem Artikel.
Eher im Gegenteil: Wenn Herr Li seine Investition (je nach Quelle war der Kaufpreis 740 Mio. bis eine Milliarde EUR) schützen will, was man wohl voraussetzen kann, wird er schon dafür sorgen, dass das Geld zurückgezahlt wird.

Wem die Firma Milan gehört, ist letztlich auch fast egal, da niemand, auch kein Geierfonds, eine solche Investition verkommen lassen wird. Die werden, falls es soweit kommt, entweder selbst investieren oder Milan an den nächsten weiterreichen.

Herr Li hat immerhin schon mal die 120 Mio. Teilkredit für neue Spieler ausgeben lassen, also einen halben Neymar, einen schlecht eingeschenkten ganzen Dembele oder drei gut gealterte Bonuccis.

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: garfield335 und 3 Gäste