Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Diskussionen über die 5JW der Saison 21/22,
nach deren Ergebnissen in der BL Saison 21/22 die Teilnehmer ausgespielt werden,
welche dann 22/23 in der CL/EL/ECL spielen
gast

Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von gast » Di 29. Aug 2017, 21:01

Die genannten weichen Faktoren kann man sicherlich noch ergänzen (Stadien, Fankultur, Chancen auf Titel national/international, Sprache, Lebensstandard, Lebenshaltungskosten (Wohnen, Verkehr), Steuern, Bildung, Kultur, politische/soziale Stabilität, Freiheit von diversen Arten der Verfolgung, Möglichkeiten, eine Familie zu gründen bzw. diese im jeweiligen Land leben zu lassen...) und nicht zu vergessen ist auch der Aspekt, inwiefern Berater nicht auch einen entscheidenden Einfluß spielen. Lässt man den Berater mal Außen vor, würde ich wieder verstärkt den Eindruck haben, dass in den obigen Punkten Deutschland viele Standortfaktoren gegenüber anderen Ligen hat.

Wirft man aber wieder den Blick auf die harten Standortfaktoren, dann wird klar, dass die eigentlichen Vorteile, die man am Standort zwar innehat erstens kennen und zweitens nutzen muss bzw. man muss auch wissen, welches wirkliche Vorteile sind und wie man diese bewirbt, vermarktet oder überhaupt vermittelt. Eine derartige Aufgabe nimmt eine Vielzahl der Klubs in der BuLi vermutlich auf eine Art wahr, wie sie sich dem Fan entzieht. Mir ist zumindest nicht bekannt, dass es da irgendein Klub gibt, der im Bereich Image/Profilierung/Markenentwicklung den anderen weit voraus wäre und selbst wenn, dann zielt eine solche eher auf den TV-Zuschauer im Ausland als den jungen Zugängen aus dem Ausland ab, zumindest soweit man es als Fan beurteilen kann.

Im weitesten Sinne kommt es darauf an, wie und wie gut man einen Klub managt und dazu gehört auch, dass man im Bereich Image agieren könnte. Das ist zumindest nicht ausgeschlossen. Gleichzeitig wäre ein solcher Weg immer noch Teil des Gesamtmanagements, welches, wenn es richtig gut ist, unter allen Umständen zum Erfolg führt, man muss nur wissen, wie. Dann ist es letztlich praktisch egal, wo das Geld herkommt (Sugardaddy oder Sponsor), sofern man es sinnvoll anlegt. Sofern alle hier der Ansicht wären, dass in Deutschland in allen Vereinen perfekt gemanagt werden würde, könnte man diesen Thread schließen.

"Aber nenn doch mal drei Beispiele, wo großflächiges Investieren in neue Spieler Erfolg gebracht hat. Und komm mir jetzt nicht mit Chelsea, ManU, PSG. Da wurden 100e Millionen investiert, eine Dimension, die außer Bayern kein deutscher Verein hat oder sich auch nur leihen könnte. Dazu ist der Erfolg auf europäischer Ebene eher mau."

Bayern, Dortmund und Wolfsburg wären Beispiele, wobei jetzt auch nicht genau definiert ist, ab wann das Investieren als Erfolg zu bezeichnen ist oder wie nachhaltig der Erfolg ist. Ich sage, dass es nicht anzunehmen ist, dass großflächiges Investieren immer hilft, aber der dogmatische Verzicht darauf ist ebenso wenig zielführend, da es unter Umständen und zu bestimmten Zeiten eben hilft, zu investieren. Zudem muss man sich auch fragen, wo Klubs wie PSG stehen würden, wenn niemand in diesen Klub investiert hätte, wo die vor der Scheich-Ära im Vergleich zum jetzigen Zeitpunkt standen ist ja bekannt, Monaco ist ein ähnliches Beispiel. Diese Diskussion kann man vermutlich ewig so weiterführen, daher möchte ich anregen, den Schwerpunkt der Diskussion auf das Thema Standortfaktoren zu legen.

"Die Arroganz kannst Du mal zu Hause lassen." Meine Aussage war nicht arrogant gemeint, daher finde ich es schade, dass das jetzt so kommentiert wird. Ich kann und muss aber damit leben.

kleinerfisch
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Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von kleinerfisch » Mi 30. Aug 2017, 16:05

Unter dem Titel "Explosion der Ablösesummen und Gehälter" möchte ich eigentlich keine ausgedehnte Diskussion über weiche (= nicht-finanzielle) Standortfaktoren führen.

Stattdessen würde mich interessieren, wann denn Bayern, Dortmund und Wolfsburg Deiner Meinung nach großflächig und mit Erfolg investiert haben.
Bayern kauft im Schnitt jährlich 1-2 teure Spieler (irgenwo zwischen Platz 1 und 20 in der jeweiligen Geldrangliste). Damit ersetzen sie aber einfach nur den natürlichen Abgang durch Alter und abgewnderte Spieler.
Dortmund ist, jedenfalls seit Klopp, doch eher bekannt für den Einkauf billiger unfertiger Spieler - daher auch die allgemeine Überraschung über die Verpflichtung von Yarmolenko, der dem traditionellen Beuteschema nicht entspricht (alt + teuer).
Wolfsburg ist in den letzten 10 Jahren 2 mal in der CL gewesen, 2 mal in der EL, 2 mal auf Platz 15/16 und 4 mal auf Platz 8-11. Da sehe ich keinen echten Erfolg, nachhaltig oder nicht.

Wir hatten über Risikobereitschaft in Zusammenhang mit Transfers gesprochen. Für mich heißt das, mehr auszugeben, als ein konservativ gestricktes Budget eigentlich hergibt, in der Hoffnung, dass sich die Transfers in sportlichem Erfolg und damit auch wieder in steigenden Einnahmen niederschlagen. Auch dazu passen Deine Beispiele nicht.
Bayern wird immer wieder für konservative Ausgabenpolitik kritisiert (Stichwort Festgeldkonto), auch wenn sich dass in den letzten Jahren etwas gelegt hat.
Dortmund ist ebenfalls vorsichtig; als gebranntes Kind wird die Fast-Insolvenz von Watzke und Co immer noch als Mahnung verstanden.
Wolfsburg hatte unter Winterkorn fast unlimitierte Unterstützung von VW zu erwarten. Damit hielt sich das RIsiko aber auch in klaren Grenzen.

Für mich ist die eigentliche Frage, woher der sportliche Erfolg eigentlich kommen soll.
Für mich ist auch klar, das Geld Tore schießt. Da braucht man nur mal die Deloitte-Liste mit dem Abschneiden in nationalen und internationalen Wettbewerben vergleichen.
Neben den Trainern sind es ja in erster Linie die Spieler, die den Erfolg sicherstellen. Die kosten nun mal Geld. Entweder in Form konsequenter Jugendausbildung oder als Transfersummen.

Für Transfers fehlt aber den deutschen Vereinen schlicht das Geld. Die Gründe wurden schon benannt.

Bleibt die Ausbildung, wahrscheinlich auch der billigere Weg, aber dafür habe ich keine Daten.
Wenn hier manche meinen, die deutsche Ausbildung sei ganz toll, sagen die Zahlen leider etwas anderes. Gemessen an der Bevölkerung (oder den Mitgliederzahlen) gibt es zu wenige deutsche Legionäre, gleichzeitig sind viele Positionen in der BuLi mit solchen besetzt.
Spanien sieht in beiden Beziehungen besser aus. Frankreich übrigens auch.

Entweder sind also die Bedingungen hier schlechter oder die hiesigen Kids wollen nicht genug.
Letzteres mag, wenn es denn zutrifft, durchaus an den besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt liegen,was ja an sich auch nicht schlecht ist. Auf jeden Fall wäre es durch die Vereine kaum zu beeinflussen.

Wenn ich aber lese, dass es schwierig wird, noch Schiedsrichter für untere Ligen und speziell auch Jugendspiele zu finden, weil die dermaßen angepöbelt werden, würde ich mich fragen, ob ich meine Kinder dem aussetzen würde.
Wenn ich höre, dass Freunde mit mehreren Kindern nicht mehr wissen, wie sie die an Spieltagen an all die verschiedenen Sportstätten bringen sollen, weil die Vereine keine Busse haben, würde ich mir das nicht antun.
Ich habe gerade mal geschaut: Es scheint keine spezielle Trainerausbildung für den Kinder- und Jugendbereich zu geben. Es scheint noch nicht einmal eine Anforderung des DFB für Trainer in diesem Bereich zu geben. Das darf man offenbar ohne jede Lizenz.
Ich weiß nicht, ob das alles in Spanien oder Frankreich anders ist, aber das sind die Punkte, an denen ich drehen würde.

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Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von Macaroli » Mi 30. Aug 2017, 23:09

Eine Explosionsartige Entwicklung hat vor allem auch dieser Thread hier. ^^ Sehr spannend das Ganze und mit sehr vielen verschiedenen Blickwinkeln. Ich will aber nochmal ein wenig auf den Ausgangspunkt des Thread zurück. Auf der ersten Seite wird sehr, sehr oft von einer Blase gesprochen. Ich bin auch kein Wirtschaftswissenschaftler (wobei man sagen muss, dass in der Geschichte der Spekulationsblasen regelmäßig auch die "Experten" so richtig daneben lagen), aber ich habe den Eindruck, das Wort wird teilweise falsch verwendet und selbst wenn es richtig wäre, sind die Konsequenzen wohl doch andere als erwartet.

Was eine Blase eigentlich ausmacht (das hab ich aus einem Lexikon für Wirtschaftswissenschaften, sicher gibt es auch da unterschiedliche Definitionen), ist eine spekulative Übertreibung des Preises, welche nicht durch realwirtschaftliche Umstände zu rechtfertigen ist. Soweit so gut. Das hört sich sehr nach unserer heutigen Fussballwelt an. Aber es geht hier schon los damit, dass Fussballer keine Ware sind, die mit Gewinn zwingend weiterverkauft werden sollen. Den Profit sollen sie andersweitig einspielen. Und im Falle von Neymar wurde Paris schon vor seinem ersten Spiel gehörig aufgewertet und mit Paris der Inhaber des Klubs. Und wenn der Inhaber praktisch ein Erdölfördernder Staat ist, dann sind die Millionen eher das was nach dem Komma gezählt wird.

Wenn das nun aber eine Blase und kein Boom ist, dann müsste diese wahrscheinlich wirklich mal platzen. Sprich es müsste zu einem rasanten Preisverfall kommt. Ich wüsste nicht, wie das in näherer Zukunft eintreten könnte. Abgesehen von einer weitreichenden großen Krise, die weit mehr erfasst, als nur den Sport. Aber, und das klang hier auch schon an, eine wirklich objektive Beurteilung kann es eigentlich immer nur in der Retrospektive geben.

Eine andere Sache ist, dass ich den Eindruck habe, wir bewegen uns eher zu 90% bei der moralischen Bewertung der Ablsösesummenentwicklung, als bei der sachlichen Einschätzung. Moralisch bin ich auch der Meinung, dass hier das Ende sein müsste. Man kann das nun sehr plakativ machen und natürlich zu Recht sagen, dass weder Ablösen noch Gehälter auch nur annähernd fair sind, wenn man sich unsere Erzieherinnen oder Pflegekräfte anschaut, wenn man alleinerziehende Mütter mit 2 Jobs sieht, die in einer knapp bemessenen Wohnung sich fast schon beide Beine ausreißen, damit ihre Kinder materiell das Notwedigste haben. Zugleich sehen wir die Allüren von Anfang 20-jährigen, die völlig abgehoben wie Prinzen leben und in einem Monat mehr verdienen als andere in ihrem Berufsleben. Ja, alles das verursacht Ärger und zwar zu Recht. Aber der Punkt war schon in den 80er Jahren erreicht. 2 oder 3 Mio. Gehälter. Eigentlich war das schon zu viel. Jetzt wurde das ins Vielfache erhöht, aber es wurde ja auch nichts dagegen gemacht. Kein Verband hat ernsthaft mal an eine Gehaltsobergrenze gedacht. Vielmehr wurde die Spirale immer weiter gedreht.

So lange die Investoren weiter Geld bringen und die Fernsehgelder weiterhin sprungartig ansteigen und so lange auch, trotz steigender Ticketpreise, die Stadien immer weiter voll bleiben, so lange wird es weder eine platzende Blase aber auch keinen leichten Abschwung geben. Im Gegenteil, nächstes Jahr holt Paris vielleicht einen 350 Mio. Mann. Alles möglich. Und auch dann ist noch nichts am platzen.

In Deutschland hatten wir Anfang des Jahrtausends mal eine Situtation, dass die Kirch-Pleite empfindiche Einbußen für die Bundesliga bei dern TV-Einnahmen mit sich brachte. Ich würde jetzt nicht sagen, dass da eine Blase platzte. Vielmehr gab es eine Stagnation, welche International ein paar Jahre spürbar war, aber danach ging es weiter, in neue Rekordhöhen. Und das ist ein Szenario, welches noch eher wahrscheinlich ist.
Vollspann hat geschrieben:
gast hat geschrieben:Verstehe ich das nun richtig, dass das Grundproblem darin liegt, dass der bestzahlende Marktakteur (der theoretisch irgendwo auf dem Globus zu finden ist) heute schon in der Lage ist, die Blase zum Platzen zu bringen, so dass jeder andere Marktakteur (der theoretisch irgendwo auf dem gesamten Globus zu finden ist) grundsätzlich zittern muss, sofern dieser bestzahlende Marktakteur zu hohe Preise zu zahlen bereit ist?
In der Lage, die "Blase" weiter auszudehnen. Wenn in England deutlich mehr gezahlt wird, muss der Rest irgendwie mitziehen und zusehen dass die TV-Einnahmen irgendwie gesteigert werden. Damit wird dann auch den Scheichs und Oligarchen wie bei PSG der Boden bereitet und damit einer Entkopplung von Einnahmen und Ausgaben.
Ich weiß nicht, ob der Rest mitziehen muss. Es sind wohl eher zwei Dinge, die entscheidend sind: 1. Der wirtschafltiche Erfolg - 2. Der sportliche Erfolg. Nehmen wir Borussia Dortmund. Dembele für ca. 15 Mio. vor einem Jahr gekommen. Nun, wenn alle Boni gezahlt werden könnte er fast 150 Mio. € einbringen (davon muss noch ein guter Teil nach Rennes überwiesen werden, aber es bleibt ja doch der größte Teil beim BvB), finanziell kann man das fast nicht besser machen. Sportlich wird man sich international damit aber nicht verbessern. Was ist nun die bessere Variante? So ganz lässt sich der wirtschaftliche und er sportliche Erfolg natürlich nicht trennen. Aber in Dortmund wird auch in dieser Saison guten Fussball gespielt, würde ich mal behaupten.

Sind wir aber tatsächlich in einer Blase, die kurz vor dem Kollaps ist, dann sind Vereine wie Dortmund die cleveren Akteure. Platzt nichts, haben sie wohl auch nicht viel falsch gemacht. Das Risiko liegt bei anderen Vereinen.
Vollspann hat geschrieben:Deshalb fände ich es so wichtig, FFP ernsthaft umzusetzen. Und deshalb befürworte ich die 50+1 Regel. Andernfalls werden die Vereine Spielzeuge von Superreichen und zwielichtigen Regimes und sind nur noch von deren Goodwill abhängig.
Ich habe schon ein paar Mal geschrieben, dass ich für eine Abschaffung von 50+1 bin. Nicht weil ich die Regelung an sich verkehrt finde, aber aktuell ist sie selbst innerhalb Deutschlands höchst unfair. Ein 1. FC Nürnberg muss sich an die bestehenden Regeln halten. Würde aber ein 1. FC Adidas Herzogenaurach gegründet, dann könnten sie den RaBa Leipzig - Weg gehen und in 5 Jahren Bundesliga spielen. Gut, die Regeln gelten zwar für beide Teams, aber unabhängig davon ob man das gut findet oder nicht, hat der Klub keine Wahl, er muss 20 Jahre (bei einem Investorenneueinstieg) warten, bis 50+1 umgangen werden kann. Ein neuer Klub a lá RaBa kann das schneller machen. Jetzt finde ich das Projekt in Leipzig vollkommen in Orndung, ich kann auch mit dem Hoffenheim-Modell leben auch damit, das Wolfsburg viel Geld zur Verfügung hat und ebenso ist es in Ordnung, dass die ehemalige Betriebssportggruppe aus Leverkusen in der Bundesliga spiel (die eine ganz eigene Geschichte haben). Aber dass andere Vereine nicht diese Wahl haben (es wird ja niemand gezwungen), das ist eigentlich nicht zu akzeptieren und erreicht wettbewerbsverzerrende Ausmaße. Ich kann die Befürworter der Regel ja verstehen, aber die aktuelle Auslegung der Regel schadet den Traditionsvereinen auf Dauer mehr, als eine Abschaffung. Sorry, wenn ich die etwas unklare Bezeichnung Traditionsverein wähle, aber mir fiel gerade kein besserer Begriff ein.

50+1 würde nur funktionieren, wenn es international gängig wäre. Aber das wird es nicht mehr. Und auch in Deutschland ist es schon so weit ausgehöhlt, dass es mehr schadet als nutzt. Hannover 96 nutzt nun als Klub die 20-Jahre-Klausel. Vielleicht kommen noch 2 oder 3 kleiner Klubs nach und so nach und nach weicht die Regel soweit auf, dass die Klubs, welche nicht können oder nicht dürfen, einen starken Wettbewerbsnachteil haben.

Das FFP ist von der Idee her in Ordnung und könnte der Beginn eines einheilticheren Lizenzierungsverfahrens auf europäischer Ebene sein, aber ich glaube immer noch, dass der Name Financial Fair Play falsch gewählt und noch dazu irreführend ist.

@gast:
Es ist ziemlich wichtig für ein Forum, dass wir nicht alle der gleichen Meinung sind. Von daher ist es natürlich jedem selbst überlassen, ob man postet oder nicht, und ob man sich anmeldet oder nicht. Ich fand die Diskussion durch Deine Beiträge hier sehr belebt und würde mich freuen, wenn Du hier öfter unterwegs bist. Sicher habe ich meine eigenen Ansichten, aber wie gesagt, das gehört dazu.
gast hat geschrieben:Es geht mir um eine konstruktive Erarbeitung möglicher Strategien und Wege, wie der Status Quo abgelöst werden kann, wobei ich "Wir lassen alles so, wie es ist!" meines Erachtens keine erarbeitete Strategie und kein Weg ist. Wer da anderer Meinung ist, den respektiere ich, aber wenn ich sagen würde, dass ich mich nicht über entsprechende Argumente dafür freuen würde, würde ich lügen.
Also den Ansatz kann ich nur unterschreiben. Wobei es eben Dinge gibt, welche nicht von der einen auf die nächste Sasion funktionieren. Ich finde, dass in Deutschland die Jugendarbeit sehr, sehr gut ist, man sich aber nicht darauf ausruht und mit RaBa Leipzig und Hoffenheim zwei Verine hat, die mit jungen Mannschaften sehr gute Erfolge in der abgelaufenen Saison erreicht hat. Mit Bayern kommt nun noch ein weiteres Großprojekt dazu, dass weltweit seines Gleichen sucht. Jetzt stürmte Hoffenheim nach seinen Abgängen und mit seiner jungen Mannschaft nicht in die europäische Spitze. Dennoch sind da Spieler dabei, die Zukunft haben. Ob das nun in Hoffenheim geschieht oder woanders, aber der deutsche Fussball generell kann davon noch Jahre lang etwas haben.
Vollspann hat geschrieben:http://www.football-observatory.com/

Die Seite kann ich generell nur jedem mit erotischem Verhältnis zu Statistiken empfehlen.
Ich hoffe, es hält sich noch in Grenzen. ^^
Vollspann hat geschrieben:Ich werfe also mal als Hypothese in den Raum, dass in Spanien immer noch die bessere Ausbildungsarbeit geleistet wird und die Teams konsistenter strukturiert sind. Weniger auf Toptransfers setzend.
Der Hyptothese würde ich teilweise widersprechen. Nicht weil ich es besser weiß, sondern weil die aktuelle Bewertung da schwierig fällt. Weil hier verschieden Spielergenerationen erfasst sind. Z. B. auch die Spieler, die schon über 30 Jahre alt sind. Deren Zahl ist natürlich kleiner, als die der jüngeren Spieler ohne Vereinswechsel im Profibereich, aber generell kann man hier auch nur im Rückblick eine Beurteilung finden. Bei dieser Bewertung spielen auch mehrere Faktoren eine Rolle.
gast hat geschrieben:Mit den Restriktionen, von denen ich sprach, meine ich lediglich die, die "hausgemacht" sind und die Verhindern, dass ein Prozess einsetzt, der in die andere Richtung läuft. Wenn ein Klub zu überlegen hat, wieviel Geld für Transfers ausgegeben wird, gibt es sicherlich einen Spielraum von konservativ bis risikoreich. Ich denke, dass man auch ab einem bestimmten Maß davon sprechen kann, dass die zu geringe Bereitschaft, Risiken einzugehen, auch eine "hausgemachte" Restriktion ist, und zwar, weil sie nicht zwingend notwendig ist.
Sicher, dass es einen Spielraum von konservativ bis risikoreich gibt? Ich glaube man muss als Verein anders denken. Bei Dortmund ist mit dem Wechsel von Dembele so eine hohe Summe neu verfügbar geworden, dass man das vorher in keinster Weise planen kann. Da nun aber jeder andere Verein um den Dortmunder Geldsegen weiß, schießen die Preise für die Dortmunder Ziele nun in die Höhe. Das Gleiche ist ja auch mit Barcelona passiert nachdem Neymar weg war.

Und ab jetzt wird alles ein herunter rechnen. Gute Transfers sind die, welche den Verein weiter bringen. Der eine Spieler kostet eben 200 Mio. oder mehr und der nächste 25 Mio. oder weniger. Klar ist mir aber auch, dass wenn ein Verein wie Dortmund keinen adäquaten Ersatz für Dembele finden kann, er auch nicht zwingend alles wieder ausgeben muss, was gerade eingenommen wurde.
gast hat geschrieben:Eine konsistentere Teamstruktur gelingt z.B. nur dann, wenn man Spieler auch halten kann. Was nützt es mir, wenn ich das konsistenteste Team der Welt habe und mir alle Spieler weggekauft werden?
Auch hier nochmal das Beispiel Dortmund. Der BvB hat sich sehr zum positiven entwickelt. Ich meine vor allem wirtschaftlich. Als Klopp den wirtschaftlich sehr angeschlagenen Verein übernommen hat, und dann langsam ein Team aufbaute "mussten" tragende Spieler wie Sahin oder Kagawa für Preise verkauft werden, die auch damals nicht gerade Spitzenpreise waren. Teilweise hatte man noch Ausstiegsklauseln drin. Bei Götze stieg der Preis schon, bei Lewandowski lies man es sogar darauf ankommen, ganz auf die Ablöse zu verzichten. Nun ist man bei Dembeles Ablöse in die allerhöchsen Beträge vorgestoßen. Klar wäre es schön, wenn die Spieler gar nicht mehr weg wollten. Aber es ist doch nicht so, dass sich hier in der Entwicklung nichts getan hat. Dortmunder Leistungsträger sind teuer, sehr teuer geworden. Ich würde mal sagen, aus finanziellen Gründen muss Dormtund niemanden abgeben, aber sie können es, wenn sie ein gutes Geschäft mit machen können. Bayern ist natürlich einen entscheidenden Schritt weiter, aber auch in München gab es mal andere Zeiten, als Spieler wie Matthäus, Brehme oder zuvor Rummenigge nicht gehalten werden konnten.

Zur Klima-These:
Wir hatten das schon öfter, dass die Vermutung angestellt wird, dass das Klima/ Wetter ein Standortvorteil ist. Nehmen wir die Sprache noch dazu. Ich würde da sehr widersprechen. Es ist in hohem Maße das Geld. Die Spieler gehen nach Russland, wenn die Asche stimmt. Ich weiß nicht, ob sich ein Roberto Carlos oder ein Eto´o besonders Gedanken darüber machten, wie dort das Wetter ist, wenn sie zu Anschi Machatschkala gehen. Ich würde sogar fast vermuten, sie haben die Stadt nicht bis 500 km auf der Landkarte Russlands zuordnen konnten. Ich weiß, das ist eine sehr böse Unterstellung von mir. Aber schaut nach China. Die Spieler gehen da hin, weil sie schon immer mal in China spielen wollten? Weil das Wetter so toll ist? Die Sprache so eingängig? Die Kultur so nah verwandt mit der eigenen Kultur? Wenn das Gehalt stimmt, dann gehen die Leute nach Grönland, Sibirien, Katar oder sonst wo hin. Ja, die würden dann auch nach Essen, Rostock oder Saarbrücken gehen. Und wenn sie dort dann mehr verdienen als in Valencia, dann würde das auch klappen.
Ich hatte vor der Saison ein Angebot aus England. Wäre ich bloß hingegangen. In England ist Fußball wenigstens noch Männersport - und nichts für Tunten. (Axel Kruse)

gast

Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von gast » Mi 30. Aug 2017, 23:29

@ kleinerfisch: Bayern hat damals mit Robben und Ribery zwei Transfers getätigt, nachdem sie die vorherige Saison dem VfL Wolfsburg die Meisterschaft überlassen haben. Dass dann Bayern wieder Meister wurde, ist bekannt. Die "Wölfe" haben wiederum, sei es unter Magath, der zumindest einmal Meistertrainer war, oder auch allgemein sponsorenbedingt überdurchschnittlich viel investiert. Zur Folge hatte das, dass der Klub überdurchschnittlich oft international dabei war (siehe Teamwertung der UEFA) und Titel geholt hat, von denen die meisten Vereine in der BuLi im entsprechenden Zeitraum nur träumen konnten, was auch für die Chance gilt, Real Madrid in einem CL-Viertelfinale an den Rand des Ausscheidens zu bringen (ein Tor fehlte). Der BVB hat damals mit Spielern wie Amoroso und Rosicky, zwei größeren Transfers, den Titel geholt.

Im Übrigen war in unserer Diskussion eine genaue Definition von "nachhaltig" oder "Erfolg" nicht gegeben, daher kann ich leider keine Antwort geben, die genauer ist als die Frage. Auch haben wir uns auf keine Definition geeinigt, ab wann ein Transfer risikoreich ist. Meines Erachtens ist ein Transfer bereits dann risikoreich, wenn man viel Geld in die Hand nimmt (ob das auf Pump erfolgt oder nicht, ist egal) weil sehr hohe Ausgaben immer die Gefahr mit sich bringen, dass bei ausbleibendem Erfolg die Menge an "verschwendeten" Ressourcen umso größer ist. Zum Beispiel steht man als Klubmanager o.ä. ja auch doof da, wenn ein sehr werbewirksamer Transfer in die Hose geht, das dann auch unabhängig vom Geldbetrag. Ein Totschlag-Argument gegen Risiko sehe ich in dem Ganzen jedoch nicht. Man überlege sich auch mal, wo die genannten Klubs ohne deren Investitionen stünden.

Ich finde es gut, das Thema Jugendausbildung und auch das Vereinswesen zu thematisieren. In letzter Zeit ist das Thema Profifußball vs. Amateurfußball ja tendenziell als neues Streitthema in den Medien und der Öffentlichkeit der Betroffenen präsenter.
Beispielsweise wird da bemängelt, dass es den ganz kleinen Vereinen an Geld fehlt, die bürokratischen Hürden jedoch enorm hoch sind.
Letzteres stört mich auch, wo das Geld herkommen soll, ist eine andere Frage, Sponsoren, Steuern oder direkt Geld vom Verband sind da Möglichkeiten, aber ich vermute, dass letzteres nicht ausreicht, um die riesige Menge an Vereinen in Deutschland auch nur annähernd zu versorgen.

@ Macaroli: Danke für die "Rückbesinnung" auf den Thread-Titel...an deinen letzten Post lässt sich ansetzen und da wollte ich nicht von ablenken...

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JohnDRockford
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Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von JohnDRockford » Do 31. Aug 2017, 07:37

Wenn immer mehr Mittel in einem System akkumuliert werden, ist es doch vollkommen klar, in welche Richtung sich die Rahmenbedingungen entwickeln. Das kann man jetzt gut oder schlecht finden, Fakt ist, dass diese Entwicklung so geschieht und auch nicht aufgehalten werden kann, weder durch FFP oder durch die beleidigte Leberwurst Rummenigge.

Rummenigges Gejammer zeigt sehr deutlich, dass die Bundesliga auf die Entwicklungen der letzten Jahre falsch reagiert und schlichtweg den Anschluss verloren hat. Wer ist Schuld, wenn man seine eigenen Fehler nicht zugeben will? Die Anderen, die Anderen...
Es ist aber doch so, dass der Markt diese Preise hergibt. Die Herkunft der Mittel zur Erzielung dieser Preise, die ja von deutschen Vereinsvertretern immer so vehement hervorgehoben wird, ist dabei im übrigen komplett irrelevant (sofern keine illegalen Machenschaften dahinterstecken).

Mir kommt es so vor, als wolle man sich mit dem ganzen Moralapostel-Gehabe seine unterlegene Marktposition schönreden, schönes Schauspiel für die Fans und schöner Selbstbetrug nach dem Motto "Wir sind wenigstens ehrlich!", doch auch auf diese Weise wird man sich den Gesetzen des Marktes nicht entziehen können. Man muss den Konkurrenzkampf annehmen, Benchmarking betreiben, analysieren, was der Mitbewerber besser macht, und so seine eigene Marktposition stärken.

Apropos Fans: Da warte ich endlich mal auf einen deutschen Vereinsvertreter, der ganz klar sagt: Profifußball ist Geschäft, nicht mehr, nicht weniger.
Der Selbstbetrug muss doch irgendwann mal aufhören.

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Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von Lok » Do 31. Aug 2017, 08:04

JohnDRockford hat geschrieben:Wenn immer mehr Mittel in einem System akkumuliert werden, ist es doch vollkommen klar, in welche Richtung sich die Rahmenbedingungen entwickeln. Das kann man jetzt gut oder schlecht finden, Fakt ist, dass diese Entwicklung so geschieht und auch nicht aufgehalten werden kann,
Wenn der erste Schritt ist, die Realitäten zu akzeptieren.
Eine Realität ist, dass immer mehr Mittel im System Profifußball in Europa akkumuliert werden.
Die zweite Realität ist die 50% + 1 Regel. Ausnahmen gibt es nur für Investoren die schon 20 Jahre im Verein tätig sind (VW, Bayer, Martin Kind) oder für Investoren, die besonders clever die Regeln umgehen wie Red Bull. Da man aber von arabischen Scheichs und von russischen Ölmagnaten nicht erwarten kann, dass sie sich mit dem Vereinsrecht so gut auskennen wie Mateschitz. Außerdem machen sich diese Scheichs bestimmt auch nicht die Mühe in Liga 5, also jenseits der Kontrolle durch den DFB anzufangen.

Also sollten wir vielleicht diese beiden Realitäten anerkennen. Rummenigge hier Gejammer vorzuwerfen und dann gleichzeitig zu jammern, dass es die 50% + 1 Regel gibt ist ziemlich doppelbödig.

Die Frage ist doch dann wie kann man sich unter den bestehenden Rahmenbedingungen am besten bewegen?

Also wo kann man mehr Geld auftreiben? Hier werden immer nur die Fernsehrechte genannt. Aber das ist ja auch ein ziemlich einfacher Weg. Man geht davon aus, dass man den Fan immer weiter melken kann und dass die Fans in Deutschland oder die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten (also im Prinzip jeder Bundesbürger) bereit sind jeden Preis zu zahlen.
Welche anderen Möglichkeiten gibt es noch?

Die zweite Frage ist, wie kann man mit weniger Geld als die Mitbewerber in England, genausoviel oder sogar mehr erreichen. Dass das möglich ist, zeigen die spanischen Vereine. Außerdem kann ich bis jetzt nicht erkennen, dass in England mit einem Plan gearbeitet wird, einzelne Vereine mögen den inzwischen haben, aber insgesamt gesehen, wird da einfach mit viel Geld um sich geworfen.

Wenn man die Nationalmannschaft anschaut, dann sieht man, dass Deutschland ein Riesen-Potential hat. Nach Brasilien und wahrscheinlich noch vor Spanien und Frankreich hat Deutschland den besten Nachwuchs und vor allem auch unglaublich viele Nachwuchsspieler. Die Menge erhöht hier auch die Chance von Qualität.

Ich glaube es gilt einfach nur diese Ressourcen sinnvoll zu nutzen, dann würde man sogar mit den aktuellen Geldsummen gut hinkommen. Die Frage ist nur, wie kann man es besser machen.

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Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von Lok » Do 31. Aug 2017, 11:43

kleinerfisch hat geschrieben:Unter dem Titel "Explosion der Ablösesummen und Gehälter" möchte ich eigentlich keine ausgedehnte Diskussion über weiche (= nicht-finanzielle) Standortfaktoren führen.

Stattdessen würde mich interessieren, wann denn Bayern, Dortmund und Wolfsburg Deiner Meinung nach großflächig und mit Erfolg investiert haben.
Ich finde die Diskussion um weiche Faktoren sehr spannend. Gerade wenn man einfach weniger Geld als die Engländer zur Verfügung hat, dann muss man sich eben anderweitig wieder in den Vordergrund rücken.

Hier noch ein anderer weicher Grund, der noch gar nicht beachtet wurde. Deutschland ist eines der liberalsten Länder in Europa, auch was Frauenrechte betrifft oder den Schutz vor Diskriminierung. Vergleichbar sehe ich da nur die Niederlande und die skandinavischen Länder.

Machohaftes Gehabe trifft man in Deutschland viel weniger an als in den südeuropäischen Ländern (Italien, Spanien) und als auf dem Balkan.

Wenn man jetzt davon ausgeht, dass sich Frauen nur marginal für Fußball interessieren, vor allem wenn es die Ligen betrifft und nicht Weltmeisterschaften. Klar gibt es einzelne Ausnahmen, aber die sind statistisch nicht relevant.

In Deutschland habe ich viele männliche Freunde, die sich nicht für Fußball interessieren. In meinen Jobs ist Fußball eigentlich nie Thema während den Pausen. Also man kommt als Mann in Deutschland sehr gut durchs Leben ohne sich für Fußball oder Autos zu interessieren.

Ich versteige mich jetzt mal zur Behauptung, dass das in Italien, Spanien und England anders ist. Dort hat Fußball die (männliche) Gesellschaft viel mehr durchdrungen als in Deutschland. Das hat dann natürlich Folgen. Die Deutschen sind nicht bereit im Pay-TV soviel zu bezahlen wie die Engländer, weil es ihnen einfach weniger wichtig ist. Solange ARD und ZDF noch für die Fernsehgelder gerade stehen mussten, war das kein Problem, aber seit sich der Markt mehr und mehr zum Pay-TV verlagert, zeigt sich eben die fehlende Begeisterung der Deutschen für Fußball.

Manche hier im Forum wollen jetzt harte Kante gegen die eingefleischten Fans und gegenüber den Ultras fahren. Fragt sich nur, wer interessiert sich am Ende überhaupt noch für Fußball, wenn man die harten Fans vergrault?

Wenn in 10 oder 20 Jahren die Manager zurücktreten, die jetzt noch Millionen für Fußball-Sponsoring locker machen, wer sagt, dass die nachfolgende Manager-Generation genausoviel Geld verbrennt für das Sponsoring von Fußball?

Vollspann
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Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von Vollspann » Do 31. Aug 2017, 19:28

Lok hat geschrieben:
Aber man muss schon sagen mit Klopp, Guardiola, Mourinho und Conte haben sie sehr kompetente Trainer. Alle diese Trainer bekommen ein zweites Jahr, das kann dem englischen Fußball nur nützen.
Ja, und nicht nur die. Aber eben auch nicht erst seit letzter Saison. So was kann auch zum Warten auf Godot werden.
Lok hat geschrieben: Während Bayern zu wenig gefordert wird, die sind in der Bundesliga quasi schon unterfordert.
Die englischen Mannschaften werden zu viel gefordert. Die haben zuviele Ligaspiele + Pokal + League Cup und dann ist die Liga sehr ausgeglichen. Oft ist dann keine Energie mehr da für den internationalen Wettbewerb.
Zu viele Spiele, ja. Das ist schon galoppierender Wahnsinn da, mit drei Pokalwettbewerben, teils im 2-Spielmodus.
Die Ausgeglichenheit sehe ich da relativer. Es gab halt die letzten Jahre in der PL kein Team auf Bayerns Niveau. Deren Topteams lagen eher auf dem Niveau der Teams, die bei uns um Platz 2-3 gespielt haben und also die Bayern unterfordert haben. Zu hohes Niveau ihrer Top 6 und des Rests kann ich deswegen da nicht als Überforderungs-Nachteil der Engländer sehen. Ihnen fehlte bisher dann eher aus der eigenen Liga die Erfahrung, gegen das höchste Niveau anzutreten.

Nehmen wir nur Arsenal: In den letzten 3 Spielen gegen Bayern 3 mal verloren bei einer Torbilanz von 3:15. Mit höherer Qualität als Bayern's Gegner in der BuLi hat diese Ausgeglichenheit also nichts zu tun. (wie sich auch bei meinem nächsten Beispiel zeigte)

Taktische Rückständigkeit spielt da auch eine Rolle. Viele Teams in der BuLi versuchen den Mangel an Topspielern durch innovative Taktik zu kompensieren, was die Liga mit zu einem Taktiklabor macht.
Im Quasi-K.O.-Duell zwischen Leverkusen und Tottenham in der CL letzte Saison sah das für mich genau danach aus. Tottenham galt als taktisch mit modernstes Team der PL. Beide Teams aber mit sehr ähnlicher Taktik. Leverkusen hatte aber aus der BuLi eher Erfahrung damit, gegen diesen Ansatz spielen zu müssen und konnte sich deshalb besser aus dem hohen Pressing befreien, Tottenham dagegn machte den Eindruck, so was noch nicht erlebt zu haben und wirkte hilflos, verunsichert.
Lok hat geschrieben:
Das baskische Modell gibt es nur noch bei Bilbao. Wie die das schaffen, ist wirklich ein Wunder!!!
Schon irre! :shock:
Lok hat geschrieben: Ist das so? Da habe ich zuwenig Hintergrundwissen. Hat wirklich jeder Verein in Spanien eine Philosphie?
Mit all meiner Kompetenz als Mega-Fachmann, kann ich das ... nicht fundiert bestätigen. ;)
Wie angedeutet, war das eine Spekulation auf Basis von Plausibilität und mittelprächtigen Indizien. Meine zufällige Auswahl greifbarer Indizien ist, was ich so gesehen oder nachgesehen oder noch im Ohr habe:
- Selten zeichneten sich diese Teams durch herausragende Einzelkönner aus, eher durch Mannschaftsspiel
- Z.B. Sevilla's Startformation in den 3 Finals hatte gegen Liverpool gerade mal den halben Marktwert, lag unter dem von Benfica und lag nur über dem von Dnepropetrowsk.
- Das gelbe U-Boot Villareal schien mir über längere Zeit wiedererkennbare Handschrift zu haben.

Vielleicht gibt es ja hier einen Spanienexperten, der dazu fundierteres sagen kann?

Lok hat geschrieben:
ausgerechnet der Brauseverein Leipzig ,,, haben die eine ganz klare Spielphilosophie. Naja, vielleicht bräuchte es mehr Sportdirektoren wie Rangnick.
Ein Beispiel, wie gut auch das bei mir so unbeliebte Gutsherrenmodell funtionieren kann. Ja, sportlich finde ich das, wie die das angehen, vorbildlich. So stelle ich mir einen klugen und planvollen Aufbau eines aufstrebenden und ambitionierten Vereins vor. So setzt man die Mittel dann auch effizient ein, statt sinnlos Geld zu verpulvern. (Gruß an Ismaik und Kühne :mrgreen: )

Das bringt mich dann auch auf einen weiteren möglichen Grund für die schwachen Ergebnisse der PL: Dort übernehmen die Trainer auch in Doppelfunktion die Aufgaben des Sportmanagers. Einerseits vergeuden sie damit Zeit und Energie, die sie besser ins Training und die taktische Weiterentwicklung stecken würden. Andererseits fehlt damit bei einem Trainerwechsel die Kontinuität, für die eine sportliche Leitung sorgen könnte.
Zuerst ging ich nach links, und er auch. Dann ging ich nach rechts, und er auch. Dann ging ich erneut nach links, und er ging einen Hot Dog kaufen. (Zlatan)

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Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von Lok » Do 31. Aug 2017, 20:01

Vollspann hat geschrieben:Ein Beispiel, wie gut auch das bei mir so unbeliebte Gutsherrenmodell funtionieren kann. Ja, sportlich finde ich das, wie die das angehen, vorbildlich. So stelle ich mir einen klugen und planvollen Aufbau eines aufstrebenden und ambitionierten Vereins vor. So setzt man die Mittel dann auch effizient ein, statt sinnlos Geld zu verpulvern. (Gruß an Ismaik und Kühne :mrgreen: )
Nichts ist schädlicher als interne Reibereien. Aber genau davon gibt es beim HSV genug und 1860 München bestand am Ende nur noch aus internen Reibereien.

Man muss ja bedenken, dass Kühne und Ismaik auf bestehende Strukturen trafen und auf eine glorreiche Vergangenheit und große Tradition. In so einer Situation muss man sehr behutsam und clever vorgehen. Wenn man sich dann wie der Elefant im Glashaus verhält, darf man sich nicht wundern, dass am Ende jeder gegen jeden interagiert.

Red Bull lehnt ja Sponsoring im Fußball ab. Die wollen komplette Kontrolle. Bei Austria Salzburg wurde quasi die gesamte Vorgeschichte gelöscht, alle alten Strukturen wurden ersetzt. Da so etwas in Deutschland nicht möglich ist, blieb nur die Neugründung eines Vereins. Ein mühsamer Weg, aber jetzt zahlt es sich aus. Rasenballsport Leipzig ist ja in dem Sinn kein Fußballverein. Es gibt keine Vereinsmitglieder, es gibt keine nervigen Mitgliederversammlungen, es gibt keine Mitsprache von Fans.

Genauer gesagt wird alles von oben bestimmt. Also von 2 Personen, Rangnick kümmert sich um alles Sportliche und Mintzlaff ist der Backup, der sich um die geschäflichen Sachen kümmert, aber eher im Hintergrund agiert. Diese beiden Personen dürfen alles entscheiden - solange sie Erfolg haben. Sollten sie länger keinen Erfolg haben werden sie von Mateschitz ausgetauscht.

Das ist schon ein weiterer Unterschied zum HSV und 1860. Mateschitz holt sich gute Leute, lässt die dann aber machen.

Kühne und Ismaik mischen sich ja ständig ins Tagesgeschäft ein. Ein Investor der denkt, er wäre selber der bessere Manager ist eine Graus.

Damit will ich aber nicht sagen, dass ich das Modell von RB Leipzig gut finde. Wären alle so, dann hätten wir eine Plastikwelt Fußball ohne Leben, ohne Tradition, ohne Geschichte, ohne Fankultur. Alles nur rein erfolgsorientiert und unter Marketingaspekten.

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Re: Explosion der Ablösesummen und Gehälter

Beitrag von Vollspann » Do 31. Aug 2017, 20:03

kleinerfisch hat geschrieben:
Bleibt die Ausbildung, wahrscheinlich auch der billigere Weg, aber dafür habe ich keine Daten.
Wenn hier manche meinen, die deutsche Ausbildung sei ganz toll, sagen die Zahlen leider etwas anderes. Gemessen an der Bevölkerung (oder den Mitgliederzahlen) gibt es zu wenige deutsche Legionäre, gleichzeitig sind viele Positionen in der BuLi mit solchen besetzt.
Spanien sieht in beiden Beziehungen besser aus. Frankreich übrigens auch.
Gut, besser als früher, aber nicht ganz toll. Ich finde, das hat sich in den letzten Jahren deutlich verstärkt. Die halbe Nationalmannschaft spielt inzwischen im Ausland in Topligen bei Topmannschaften. Aktuell stehen 15 deutsche Spieler bei Premier-League-Teams unter Vertrag und dazu europaweit noch sehr viele mehr hier aufgewachsene ohne deutschen Pass.
Dass uns die Spanier da immer noch voraus sind, war ja auch die Vermutung. Die Franzosen haben in Europa die meisten Legionäre , das aber wohl auch weil Topspieler eben nicht in der heimischen Liga bleiben. Da ist wieder eine Observatory-Statistik interessant (weekly post 167)
http://www.football-observatory.com/-Po ... _popup_jma

Legionäre in den 5 Topligen aus:
- Frankreich: 116
- Spanien: 66
- Deutschland: 26
- Italien: 18
- England: 5

Und das war Oktober 2016, da sind inzwischen noch einige hinzugekommen.
kleinerfisch hat geschrieben: Ich habe gerade mal geschaut: Es scheint keine spezielle Trainerausbildung für den Kinder- und Jugendbereich zu geben. Es scheint noch nicht einmal eine Anforderung des DFB für Trainer in diesem Bereich zu geben. Das darf man offenbar ohne jede Lizenz.
Ich weiß nicht, ob das alles in Spanien oder Frankreich anders ist, aber das sind die Punkte, an denen ich drehen würde.
Ich habe es nicht zur Hand, aber vor einer Weile mal die Zahlen zu lizensierten Trainern gesehen, da hat man sich in England darüber mokiert, dass es davon in Deutschland mehr als 10-mal so viele gibt, die häufig im Jugendfussball arbeiten. Dazu gibt es die Leistungszentren, die nach 2000 aufgebaut wurden. Wie es in der Hinsicht in Frankreich oder Spanien aussieht, war daraus aber nicht zu entnehmen.

Ändert aber nichts daran, dass ich dir voll zustimmen. Selbst wenn wir da schon gut sind, sollten wir uns darum bemühen, das permanent weiter zu verbessern.
Zuerst ging ich nach links, und er auch. Dann ging ich nach rechts, und er auch. Dann ging ich erneut nach links, und er ging einen Hot Dog kaufen. (Zlatan)

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